Sanktionen, also Strafmaßnahmen, gehören zum „normalen“ Instrumentarium imperialistischer Außenpolitik. Wer sich irgendwo in der Welt nicht so verhält, wie es die USA, die NATO oder die EU – im „besten“ Fall alle drei – für richtig halten, den trifft der Zorn der selbsternannten Führer der „freien Welt“. Die DDR sollte in den 50er Jahren mit einem Stahlembargo in die Knie gezwungen werden, über Kuba verhängte USA-Präsident Kennedy eine totale Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die bis heute nicht aufgehoben ist. Der irakische Präsident Saddam Hussein, der sich dem Westen partout nicht unterordnen wollte, wurde mit Sanktionen gegen sein Land bestraft. Durchaus gewollte „Nebenwirkung“ war der Tod Zehntausender Zivilpersonen, darunter vor allem Kinder, die nicht medizinisch behandelt werden konnten, weil dem Irak der Einkauf medizinischer Ausrüstung verboten wurde.
Die Liste derartiger Sanktionen ließe sich fortsetzen. Ihre Urheber behaupten, dass solche „Strafmaßnahmen“ ein angeblich für die Bevölkerung der betroffenen Länder besseres Leben zum Ziel haben. Die Folgen einer derartigen imperialen Politik sind durchweg eine Verschlechterung der Lebenssituation der Menschen, in den meisten Fällen sogar absolutes Chaos und Krieg. Irak, Syrien und Libyen sind dafür die treffendsten Beispiele.
Nun also wieder einmal Russland. Nachdem die Russische Föderation sich wiederholt geweigert hatte, sich dem Weltherrschaftsstreben der USA und ihrer Verbündeten unterzuordnen, wurde Moskau mit Sanktionen geradezu überhäuft. Einreiseverbote für russische Politiker und Militärs in die USA und in die EU, wirtschaftliche Sanktionen, der Ausschluß aus dem erhabenen Zirkel der selbsternannten führenden Industrieländer … Hinzu kommen ein unsäglich forcierter Propagandakrieg, bei dem aus buchstäblich allen Rohren gegen Moskau geschossen wird, und ein permanentes Rasseln mit NATO-Panzerketten in der Nähe sämtlicher Grenzen Russlands. Harmlose Motorradfans, die zum 70. Jahrestag des Sieges über den Faschismus den Kampfweg ihrer Großväter nachvollziehen wollten, durften per Dekret nicht in EU-Länder einreisen, weil sie als „kremlnah“ eingestuft worden waren.
Und da regen sich jetzt EU-Politiker darüber auf, dass die russische Führung insgesamt 89 Männer und Frauen der EU-Nomenklatura nicht nach Russland einreisen lassen will. Und die EU verlangt eine Begründung! Reicht es denn nicht, dass sich diese Leute nachweislich mit den politischen Kräften in der Ukraine verbrüdert haben, die nicht nur in Folge eines Putsches die politische Macht an sich gerissen haben, sondern auch jeden Tag zum Krieg gegen den angeblichen „russischen Aggressor“ aufrufen?
BRD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Einreiseverbote ausgerechnet während eines Besuches in der Ukraine: „Ich halte es nicht für besonders klug, solche Einreiseverbote überhaupt auszusprechen.“ Recht hat er, ausnahmsweise, allerdings müssen sich das vor allem er selbst und seine Kanzlerin ins Tagebuch schreiben. Wer Gesprächskanäle offen halten will, sollte die eigentlichen Gesprächspartner nicht ausschließen, wie es der Westen im Falle Russland macht. Und wer, wie Steinmeier sagt, „einen gefährlichen Konflikt in der Mitte Europas entschärfen“ will, sollte nicht mit den Brandstiftern paktieren.