Zu der Veranstaltung „50 Jahre nach dem Putsch in Chile. Lateinamerika wieder auf einem fortschrittlichen Weg?“ hatte ein breites Bündnis fortschrittlicher Gruppen und Parteien in Braunschweig am 15. September in die Kufa eingeladen. Über 80 vor allem junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten dem kenntnisreichen Vortrag von Raina Zimmering zu und genossen ein interessantes und bewegendes Kulturprogramm.
Zur Begrüßung betonte Werner Hensel von der DKP Braunschweig als ein Vertreter der Veranstalter, dass „wir diese Veranstaltung gemeinsam organisiert haben und gemeinsam durchführen, gemeinsam wie die Unidad Popular“. Mitveranstalter waren VVN-BdA Braunschweig, Roter Ring Braunschweig, Stiftung Ethik & Ökonomie, Linksjugend solid, SDAJ Braunschweig, Cuba Sí, SDS und die Braunschweiger Linkspartei.
Der Vortrag der Historikern, Politologin, Soziologin und Lateinamerikanistin Raina Zimmering befasste sich zunächst mit den umfassenden sozialen Maßnahmen der Regierung Allendes und ihrer Vision eines friedlichen Weges zum Sozialismus. Faktenreich belegte sie, wie die herrschende Klasse in Chile versuchte, die Regierung Allendes zu destabilisieren und mit Unterstützung der US-amerikanischen Regierung und ihres Geheimdienstes CIA den Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung vorbereitete. Bewegend schilderte sie, auch aus unmittelbarer persönlicher Kenntnis, die grauenvollen Tage nach dem Putsch des Militärs unter Diktator Augusto Pinochet, die geprägt waren von Verhaftung, Folter und Mord an so vielen fortschrittlich gesinnten Menschen.
Die 17 Jahre der Diktatur Pinochets, ökonomisch gekennzeichnet durch die Einführung neoliberaler Konzepte der „Chicago Boys“, die u. a. umfangreiche Privatisierungen staatlicher Institutionen zur Folge hatten, war auch eine Zeit des Kampfes um die Deutungshoheit der Geschichte Allendes und des Militärputsches, eine Zeit geprägt von Angst, Vergessen, Gewalt, vom „Kampf um die Narration“, wie Zimmering darlegte.
Diese von den Herrschenden in ausländischen Medien propagierte Sichtweise wirke bis heute in der chilenischen Gesellschaft fort, in der trotz großer sozialer Proteste wie 2019/2020 gegen soziale Ungleichheit und die neoliberale Verfassung Pinochets ein fortschrittlicher Verfassungsentwurf keine Mehrheit in der Bevölkerung fand. Vor der Lösung dieser Aufgabe stünden heute die Regierung Boric und alle fortschrittlichen Kräfte in Chile.
Die anschließende Diskussion befasste sich mit der Möglichkeit eines friedlichen Weges zum Sozialismus, der notwendigen Unterstützung Allendes, der Versäumnisse der chilenischen Linken sowie deren aktuelle Aufgaben.
Im Anschluss an Vortrag und Diskussion schilderte Dennis (Linksjugend solid) in einem Kurzvortrag Leben und Bedeutung Victor Jaras für die Entwicklung des Neuen Chilenischen Liedes, dem Nueva Canción, das eine große kulturelle Rolle zur Unterstützung der Allende-Regierung spielte, sowie in der internationalen Solidaritätsbewegung nach dem faschistischen Putsch in Chile. Verdeutlicht wurde dies an vorgetragenen Liedern von Victor Jara, Inti-Illimani, Quilapayún und Auszügen aus dem von Mikis Theodorakis vertonten Gedichten aus dem Gedichtzyklus „Canto General“ Pablo Nerudas.
Der kulturelle Teil der Veranstaltung wurde abgerundet von einer Ausstellung von Plakaten aus der Zeit der Unidad Popular und Bildern der Künstler Mechthild Hartung und Wolfgang Teuber, die im Publikum große Aufmerksamkeit fanden.
Zum Abschluss der Veranstaltung unterstrich Werner Hensel die Notwendigkeit der weiteren Zusammenarbeit der Veranstalter, der linken Kräfte überhaupt angesichts des Krieges in der Ukraine, der Klimakatastrophe, der Zunahme von Armut und Hunger in der Welt bei zeitgleichem Anstieg des Reichtums weniger Superreicher. Das erfordere ein Bündnis aller fortschrittlichen Kräfte, ein gemeinsames Handeln – wie das der Unidad Popular.