Gedenktag für ­verunglückte Kollegen

Die IG BAU ruft alle Beschäftigten dazu auf, am 28. April der Menschen zu gedenken, die bei der Arbeit schwer erkrankt oder gar ums Leben gekommen sind. Der 28. April ist ein internationaler „Workers’ Memorial Day“.

Allein auf den deutschen Baustellen hat es im letzten Jahr 99.380 Arbeitsunfälle gegeben, 74 davon endeten tödlich. Knapp 8.300 Beschäftigte sind auf dem Arbeitsweg verunglückt, 22 starben. Statistisch gesehen ist im vergangenen Jahr also alle dreieinhalb Tage ein Baubeschäftigter im Job tödlich verunglückt.

Im Vergleich zu 2021 gingen die Zahlen etwas zurück, es gab 85 tödliche Unfälle, die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle betrug 103.518. Das Unfallgeschehen auf dem Bau sei weiterhin hoch, so die IG BAU. Baustellen gehörten nach wie vor zum Sorgenkind in Sachen Arbeitsschutz, zumal viele Arbeitsunfälle nicht gemeldet würden. Hauptursache bei den tödlichen Unfällen waren im vergangenen Jahr Abstürze von Dächern und Gerüsten, gefolgt von tödlichen Verletzungen durch Baumaschinen und herabfallende Bauteile.

Die IG BAU fordert deshalb perspektivisch die Einrichtung einer Arbeitsinspektion. Es brauche eine Behörde, die Kontrollen bündelt. Dazu gehört die Kontrolle des Arbeitsschutzes, aber auch Verstöße gegen die Einhaltung der Mindestlöhne oder das Arbeitszeitgesetz müssten verfolgt werden. Eine solche „Arbeitskontrolle aus einer Hand“ habe sich in Frankreich und Spanien bewährt.

In diesem Jahr weist die IG BAU im Rahmen des „Workers’ Memorial Day“ zudem auf „unsichtbare“ Gefahrenstoffe hin. Vor allem Asbest werde unterschätzt. „80 Prozent der deutschen Bevölkerung wohnen in Häusern, bei denen die Gefahr besteht, dass sich darin noch der hochgiftige Baustoff befindet“, so IG-BAU-Bundesvorstandmitglied Carsten Burckhardt. Würden diese renoviert, saniert oder gar abgerissen, enstünden Stäube, in denen winzige Asbestfasern schweben können. Einmal eingeatmet, setzen diese sich in der Lunge fest. Das mache sich meist erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten bemerkbar. Bauarbeiter, die mit Asbest arbeiten, haben im Vergleich zu Rauchern das fünffache Risiko einer Lungenkrebserkrankung. Jährlich sterben mehr als 1.500 Beschäftigte an den Folgen des hochtoxischen Stoffes, auch hier gebe es eine hohe Dunkelziffer, so Burckhardt.

Im Jahr 1984 rief die kanadische Gewerkschaft für Angestellte im öffentlichen Dienst erstmals dazu auf, der im Arbeitsleben verstorbenen Kolleginnen und Kollegen zu gedenken. Seither wird jeweils am 28. April dieser Gedenktag in vielen Ländern weltweit begangen. In Deutschland haben im Jahr 2011 erstmals der DGB und die IG BAU dazu aufgerufen.

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"Gedenktag für ­verunglückte Kollegen", UZ vom 28. April 2023



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