Kampagne gegen schmutzige Arbeitsverträge

Gebäudereiniger im Streik

Von Peter Köster

Seit über drei Wochen streiken hunderte Kolleginnen und Kollegen aus der Gebäudereinigung bundesweit mit 24-stündigen Warnstreiks für die Verbesserung ihres Tarifvertrages. In dieser Branche spitzt sich der Kampf um bessere Löhne und vertraglich „saubere“ Arbeitsverhältnisse zu.

Das vor 20 Jahren abgepresste Weihnachtsgeld im Gebäudereinigerhandwerk wird mit Vehemenz von den Beschäftigten der Branche wieder eingefordert. Die Mitglieder der Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt (IG BAU), die diese Branche mehrheitlich vertritt, wollen zum Jahresende einen Anteil am kontinuierlich und stark steigenden Gewinn der Branche haben.

Dass die diesjährige Tarifauseinandersetzung keine leichte würde, war den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern im Vorfeld bewusst. Seit mehr als einem Jahr stehen Themen wie der Abbau von Arbeitshetze und Überstundenumwandlung in Normalarbeitszeit ganz oben auf ihrer Forderungsliste.

Von den rund 650 000 Beschäftigten in der Branche sind nur etwa 20 Prozent in einem Vollarbeitszeitverhältnis. Hunderttausende, gewollt und ungewollt, arbeiten in Teilzeit. Arbeitsverträge über 2 bis 3 Stunden täglich sind keine Seltenheit. Das Einrichten beziehungsweise das Herrichten der Arbeitsmaterialien, das Erreichen des jeweiligen Arbeitsplatzes im Gebäude beziehungsweise Gelände ist selten mit eingerechnet. So leisten die Betroffenen schon unbezahlte Mehrarbeit, bevor sie den ersten Besenschwung machen können. Und ohnehin sind die Zeiten für die zu reinigenden Flächen und Bereiche ungenügend bemessen.

Die meist prekäre Lebenssituation der Betroffenen wird von großen und kleinen Unternehmen so ausgenutzt, dass die zur auftragsgemäßen Reinigung notwendige Arbeitszeit von den Menschen nur durch Überstunden geleistet werden kann.

Im Sommer stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass Überstundenbezahlung auch an Teilzeitkräfte erfolgen muss. Dies trifft in besonderem Maße auf die Gebäudereinigerbranche zu. Als Reaktion kündigten die Unternehmensverbände in der Branche den Rahmentarifvertrag, in dem die Bezahlung der Überstunden für alle Beschäftigten entsprechend geregelt war. Tarifrechtlich hat das zur Folge, dass bei älteren Arbeitsverträgen diese Zahlungen geregelt sind, bei neu Eingestellten hingegen nicht mehr. Die Spitzenvertreter der Branche versandten daraufhin Muster-Arbeitsverträge an die Mitgliedsunternehmen, in denen die bisherigen Regelungen des Rahmentarifvertrages an entscheidenden Stellen zu Ungunsten der Neubeschäftigten geändert wurden. Die IG BAU hat dies scharf verurteilt und alle Mitglieder sowie die Neueingestellten aufgerufen, solche Verträge nicht zu unterzeichnen.

In vielen Betrieben der Branche ist es Praxis geworden, den verunsicherten Kolleginnen und Kollegen mal eben zwischen Wischen und Abfallentleerung einen dieser „neuen“, schlechteren Arbeitsverträge vorzulegen. „Unterschreib mal eben. Wir brauchen nur deine Unterschrift. Es ändert sich nichts für Dich.“ Vor dem Hintergrund schlechter Deutschkenntnisse und dem Druck der prekären Lebenssituation bezeichnet die IG BAU dies als besonders perfide. Darum hat die Gewerkschaft sich zu einem Schritt entschlossen, der in solchen Tarifauseinandersetzungen bisher vermieden wurde: die öffentliche Anprangerung von „Dirty Jobs“ im Rahmen und Beweisführung solcher Praktiken erkannter Firmen.

Solange der Arbeitskampf läuft, wird die Gewerkschaft jede Woche ein Unternehmen öffentlich anprangern, das mit solchen „dreckigen“ Methoden arbeitet.

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"Gebäudereiniger im Streik", UZ vom 18. Oktober 2019



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