Gaucksche Farbenlehre

Ein Kommentar von Adi Reiher

Am Anfang war Gauck grün und rot. SPD und Grüne hatten ihn 2010 als Alternative zu Wulff vorgeschlagen. Als er es dann 2012 wurde, hatten ihn alle (außer „Die Linke“) vorgeschlagen: Gauck der Allparteien-Präsident.

Seine schon zu DDR-Zeiten erprobte Wendigkeit zeigt er auch im neuen Amt. Opposition war seine Sache nie und so verkauft er die Regierungspolitik, so gut er kann. Das macht ihn angesichts von Merkels Dominanz zum Schwarzen. Sei‘s drum. Das politische Farbenspektrum hat in diesem Lande schon mancher komplett durchlaufen.

Nun stellt die Regierung sich nolens volens gegen Rassisten und Faschisten. Das Ansehen der Bundesrepublik ist gefährdet und bei der Einen oder dem Anderen mag echte demokratische Überzeugung dabei sein. Merkel fährt nach Marxloh, Gabriel nach Heidenau und Gauck besucht ein Flüchtlingsheim in Berlin-Wilmersdorf.

Neben Richtigem sagt Gauck dort: „… es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindlichen Aktionen gegen Menschen hören“.

In diesem Satz „leuchtet“ letztlich nur das Ressentiment gegen ein „Dunkeldeutschland“, erfunden von Besser-Wessis, die aus blöder Höhe meinten, auf vermeintlich unterlegene Ossis herabblicken zu sollen. Gauck fördert damit, was er bekämpfen will. Im selbstzufriedenen Westen stützt er das tumbe Bild vom braunen Osten.

Die Menschen in den neuen Bundesländern stößt der Emporkömmling aus ihren eigenen Reihen mit seinem Bild direkt vor den Kopf. Sozial prekarisiert, immer noch unter dem Verlust der DDR leidend müssen sie Gaucks Wortwahl als Generalverdacht faschistischer Gesinnung begreifen. Wasser auf die Mühlen der echten Faschisten.

Indem Gauck spaltet statt zu versöhnen, schadet er dem Kampf gegen Rassismus und Rechtspopulismus.

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"Gaucksche Farbenlehre", UZ vom 4. September 2015



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