Lasst die Hungerspiele beginnen

Game of Bones

Von Jana Sauer-Pätzold

game of bones - Game of Bones - - Die letzte Seite

( gemeinfrei)

Auch dieses Jahr rief Heidi Klum zu einer neuen Staffel „Germany‘s next Topmodel“. Hunderte junge, meist magere Mädchen folgten diesem Ruf und bewarben sich. Denn, wie Heidi nicht müde wird zu erwähnen, „nur eine kann Germanys next Topmodel werden“. Doch geht es in der inzwischen 13. Staffel eigentlich nur noch darum zu schockieren und zu polarisieren. Bereits in der 2. Folge müssen die jungen Mädchen und Frauen in der Karibik ihre Hüllen fallen lassen. Sex sells. Während man selber mit Chips, Schoki und Sekt vor der Glotze hängt und über die Allüren oder Walks einiger Teilnehmerinnen herzieht, müssen die jungen Damen bei heißen Temperaturen in Wintermänteln auf einem Trampolin hüpfen, mit einem nackten Mann posieren oder ihre Mitstreiterinnen kritisieren, bis das perfekte Bild im Kasten ist.

Eine Neuheit in diesem Jahr sind die zwei „Plus-size Models“ oder, wie ich sagen würde, zwei gesunde schlanke Frauen. Doch natürlich fallen Mädchen mit Konfektionsgröße 38 neben den ganzen abgemagerten, knöchernen, kleinkindlichen Körpern in Größe „Embryo“ als „kurvig“ auf. Traurig, dass solch ein Körperbild jungen Mädchen und Frauen als erstrebenswert suggeriert wird.

Die Juroren predigen immer wieder, sie sollen als junge, selbstbewusste Mädchen auftreten. Doch eigentlich sollen sie diese nur spielen, denn eine eigene Meinung oder gar Charakterstärke sind nicht erwünscht. Diese jungen Frauen werden schnellstens von der „Modelmama“ entfernt oder als Zicke der Staffel dargestellt. Ihnen wird eine Disziplin und Gehorsamkeit abverlangt, wie man es sonst nur von der Bundeswehr kennt.

Die Sendung lebt davon, jungen Frauen einzuimpfen, dass man immer noch dürrer und „schöner“ sein kann. Dass der Zuschauer vor dem Fernseher durch inszenierte Zickenkriege, Heulkrämpfe oder furchtbare Umstylings unterhalten wird. Dass Heidi Klum mit einem bezaubernden Lächeln die Träume junger Mädchen reihenweise platzen lässt und dass das Publikum in den Augen der Kandidatinnen sehen kann, wie etwas in ihnen zerbricht.

Wie bereits Schülerinnen einer Hamburger Schule sangen, bin auch ich #NotHeidisGirl (dt. Nicht Heidis Mädchen).

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Game of Bones", UZ vom 6. April 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Haus.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit