Zum Auftritt Lawrows in Bali

G20 vor dem Aus?

Die westlichen Kriegsmedien haben sich natürlich auf „Putin“, aber auch auf Sergej Lawrow eingeschossen. Entsprechend war das Geschrei beim Auftritt des russischen Außenministers beim G20-Treffen auf Bali. Niemand hätte anderes erwartet. Sehr zum Verdruss des Westens ist der Versuch, Russland international zu isolieren, gescheitert. Nun ist es ein bisschen wie im Kindergarten: Wir sprechen nicht mit dir. Wenn du kommst, drehen wir uns um oder gehen raus. Spitzenkräfte bei diesem banalen Kleinkrieg sind die olivgrüne Außenministerin Annalena Baerbock und ihre britische Amtskollegin Liz Truss.

Der kollektive Westen hat mit seinem Verhalten den G20-Ansatz, die Staaten des „Westens“, die aufstrebenden eurasischen Staaten und Staaten des globalen Südens in einem sinnvollen Format zusammenzubringen, nachhaltig zerstört. Statt lösungsorientierter Debatten konnte die russische Seite nur haltlose Verbalinjurien erwarten. Daher hatte sich Sergej Lawrow nach seinem Beitrag und unmittelbar vor der Darbietung von Frau Baerbock zum Gehen entschlossen.

Lawrows Beitrag auf Bali war denn auch, wie immer geschliffen in der Form, von ungewöhnlicher Offenheit und Klarheit im Inhalt. Er wies noch einmal auf die Bereitschaft Russlands zur Linderung des Hungerproblems mit Hilfe russischer Getreidevorräte hin und auf die Vertragstreue bei russischen Öl- und Gaslieferverpflichtungen. Er machte aber auch klar, dass die westliche Energiekrise hausgemacht und die Lieferung ukrainischen Getreides leicht möglich sei, wenn die Ukraine ihre Häfen wieder entminte und den Getreidefrachtern die Durchfahrt durch ihre Gewässer ermögliche. Darüber hinaus sei das Hungerproblem alt und nicht Ergebnis des Ukrainekonfliktes. Es werde aktuell allerdings durch westliche Blockademaßnahmen gegen die russische Seefahrt verschärft.

Der russische Außenminister glaubt an keine Möglichkeit mehr, mit dem Westen irgendwie zu sinnvollen, belastbaren Vereinbarungen zu kommen. Die russische Führung hat erkannt, dass ihre langjährigen geduldigen Versuche, zu irgendeiner Form von Modus Vivendi mit Washington und seinen Vasallen zu kommen, vergeblich waren. Eine 20-jährige Phase russischer Politik ist zu Ende gegangen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"G20 vor dem Aus?", UZ vom 15. Juli 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol LKW.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit