Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ließ am Montag eine vermeintliche Bombe platzen. Das von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) finanzierte Institut berichtete, dass das 2-Prozent-Ziel der NATO im kommenden Jahr nicht erreicht wird. Das Ziel, 2 Prozent der Wirtschaftsleistung für Aufrüstung und Krieg aufzuwenden, rücke „in weite Ferne“ und könne mindestens bis 2026 nicht erreicht werden. „Und auch kurzfristig nötige Beschaffungen kommen nicht voran“, heißt es in der IW-Studie. Dafür verantwortlich seien die jüngsten Preissteigerungen, Verzögerungen bei der Beschaffung von Ausrüstung und die Unterfinanzierung der Bundeswehr in der Finanzplanung des regulären Bundeshaushalts. Dahingegen analysierte Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, in der UZ vom 18. November, dass sich die Ausgaben bis 2026 im Vergleich zu 2022 verdoppeln werden und unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung angenommen Wirtschaftswachstums zumindest in den letzten drei Jahren dieses Fünfjahreszeitraums durchschnittlich über 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen werden. Das IW kommt zum Schluss, dass der reguläre Etat „um mindestens 5 Prozent“ pro Jahr steigen müsste, um das 2-Prozent-Ziel zu erreichen. Dabei berücksichtigen sie das Sondervermögen nicht und übergehen dabei, dass 2023 die „Verteidigungsausgaben steigen, (aber der) Verteidigungsetat sinkt“, wie es der Pressedienst des Bundestages Mitte November formulierte.
Im gleichen Duktus wie das IW argumentiert die Wehrbeauftragte der Bundesregierung, Eva Högl (SPD). Sie hält für die Beschaffung von neuer Munition für die Bundeswehr mindestens 20 Milliarden Euro zusätzlich zum beschlossenen Rüstungsetat und Sondervermögen für nötig. Darüber hinaus müsse es einen mehrjährigen und mit der Industrie abgestimmten Plan geben. Es sei nachvollziehbar, so Högl gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass Rüstungsunternehmen solche Zusagen verlangten, wenn sie jetzt Produktionskapazitäten hochfahren sollen. Auf dem Kongress der Informationsstelle Militarisierung, der Ende November in Tübingen stattfand, stellte Vorstandsmitglied Andreas Seifert dar, dass in den letzten 20 Jahren bei immer steigenden Ausgaben immer weniger reales Material beschafft worden sei. Gerade das 100-Milliarden-Sondervermögen werde jetzt dafür genutzt, den fragmentierten Rüstungsmarkt zu verschlanken. Dabei setze die Bundesregierung auf die Großindustrie und der Ukraine-Krieg biete die Folie, so Seifert, die Hürden bei der Umgestaltung des Rüstungsmarktes zu beseitigen.
Auf der „Berliner Sicherheitskonferenz“, die vergangene Woche stattfand, drängte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg darauf, die Aufrüstung der Bundeswehr konsequent fortzuführen, denn eine starke Bundeswehr sei wichtig für die „weltweite Sicherheit“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte in diesem Zuge an, den Liefervertrag für die 35 Atomwaffen-fähigen US-Kampfflugzeuge vom Typ F-35 (Einzelpreis: 100 Millionen Euro) „noch in diesem Jahr“ abzuschließen. Jedoch äußerten auf einer „Krisensitzung“ Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestags Bedenken. Es sei offen, ob der Umbau des Militärflughafens in Büchel bis 2026 zu schaffen sei, außerdem sei eine Erteilung der nationalen Zulassung für den Flugbetrieb nicht rechtzeitig möglich. Die Kampagne „Büchel ist überall! Atomwaffenfrei.jetzt“ spricht sich gegen die Anschaffung aus und fordert stattdessen Abzug der Atombomben aus Büchel, die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV).