Das Immobilienunternehmen „Vonovia“ hat die Übernahme des Konkurrenten „Deutsche Wohnen“ abgeschlossen. Damit hat die größte deutsche Immobilien-AG die zweitgrößte geschluckt: Am 21. Oktober besaß „Vonovia“ bereits 87,6 Prozent aller „Deutsche Wohnen“-Aktien. Es flossen 53 Euro je Aktie; insgesamt zahlte „Vonovia“ den „Deutsche Wohnen“-Aktionären mindestens 18 Milliarden Euro. Der nun größte europäische Immobilienriese verfügt über knapp 570.000 Wohnungen, deren Gesamtwert auf circa 90 Milliarden Euro geschätzt wird. Bereits mehrmals zuvor war eine Fusion an den Aktionären der „Deutsche Wohnen“ gescheitert, weil der gebotene Preis zu niedrig war. Kein Widerspruch gegen die Geburt des neuen Monopolriesen erfolgte seitens des Kartellamts. Im Gegenteil, das gab frühzeitig sein Einverständnis: „Die gemeinsamen Marktanteile der Unternehmen rechtfertigen keine wettbewerbsrechtliche Untersagung“, hatte Kartellamtspräsident Andreas Mundt bereits im Juni erklärt. Brisant, wenn auch nicht überraschend, ist dabei die Nachricht, dass es sich um einen neuerlichen „Share-Deal“ handelt, durch den die normalerweise bei Immobiliengeschäften fällige Grunderwerbssteuer entfällt. Dabei wird ein Unternehmen nicht vollständig gekauft, sondern der Käufer übernimmt lediglich eine Aktienmehrheit. Dem Vernehmen nach brauchten im aktuellen Fall circa 1 Milliarde Euro Steuern nicht gezahlt zu werden.
Zweifellos wird die gestiegene Marktmacht dem Immobilienhai auch einen stärkeren Einfluss auf die Ausgestaltung ganzer Wohnviertel bescheren. So werden sich zum Beispiel in Berlin künftig insgesamt 160.000 Wohnungen im Besitz des neuen Konzerns befinden. Hier hat der Konzern nun mehr Möglichkeiten mitzureden: Was wird auf Leerflächen gebaut? Wird energetisch saniert oder nicht? Lohnt sich die Modernisierung? Mietsteigerungen jedenfalls sollen Rolf Buch zufolge, Vorstandsvorsitzender und Chef von Vonovia, bis 2023 auf 2 Prozent jährlich begrenzt erfolgen. In Berlin gibt er gar vor, sich in den kommenden beiden Jahren mit nur einem Prozent begnügen zu wollen. Und danach? Wird man sehen … Einstweilen könnte auch die Ausweitung des Geschäfts auf weitere Sektoren erfolgen. Zusatzeinkünfte durch Dienstleistungen im Wohnungssektor sind ohnehin schon an der Tagesordnung und könnten noch ausgeweitet werden: interne Hausmeisterfirmen, intern gehandelte Handwerksleistungen, welche die Preise für die Mieter kontinuierlich steigen lassen. Das zeigt sich bereits jetzt in der jährlichen Nebenkostenabrechnung. Die „Deutsche Wohnen“ hatte bereits in der Vergangenheit entdeckt, dass sich beispielsweise auch mit Altenheim-Immobilien exorbitante Profite erzielen lassen. Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt und die Konzernstrategen planen sicherlich schon fleißig die Jagd nach neuen Einnahmequellen. Drohen demnächst etwa konzerneigene Mietwagenstationen? Supermärkte oder Lieferdienste? Gaststätten? Friedhöfe?
Der Ausgang der Bundestagswahl sowie der beiden Landtagswahlen inklusive „Enteignungs“-Volksentscheid in Berlin scheint die Immobilien-AGs jedenfalls nicht ausgebremst, sondern eine regelrechte Fusionswelle losgetreten zu haben. So wurden jüngst weitere Großgeschäfte unter Immobilienriesen bekannt: Die „Vonovia“ plant, 13,3 Prozent der Adler-Group zu übernehmen, ein Luxemburger Immobilienunternehmen mit circa 70.000 Wohnungen überwiegend in großen deutschen Städten, das seinerseits durch den „Share-Deal“-Aufkauf mehrerer Konkurrenten entstanden war. Adler-Group verkaufte außerdem 15.000 Wohnungen an die LEG-Immobilien-AG. Und am Wahltag selbst, dem 26. Oktober, hatte die schwedische „Heimstaden Group“ den Kauf der „Akelius“ bekannt gegeben und ist nun mit rund 20.000 Wohnungen nach „Vonovia“ die zweitgrößte Immobilien-AG auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Ihre größten Bestände liegen im europäischen Ausland: Polen, Schweden, Tschechien, Dänemark, Norwegen. Dort bietet sich auch für „Vonovia“ noch ein enormes „Share-Deal“-Potential.