Es gibt sie noch, die alten Genossinnen und Genossen, die schon in der Illegalität gekämpft haben und mit Mut und Weitsicht die DKP konstituiert und auf allen Ebenen geleitet haben, und auch die, die ihre Erfahrungen in einem sozialistischen Friedensstaat auf deutschem Boden gemacht haben. Man nimmt sich immer vor, sie um Rat zu fragen in den Kämpfen der Jetztzeit, und tut es zu selten. Zu oft scheint anderes vordringlich. Und immer öfter ist da eine, ist da einer, den oder die man dann plötzlich nicht mehr fragen kann.
Jetzt können wir Hannes Stütz nichts mehr fragen. Das Gründungsmitglied der DKP, den klugen Kulturpolitiker, den vielseitigen Künstler. Hannes ist am Freitag letzter Woche, am 18. März, in seiner Bremer Wohnung gestorben. 86 Jahre waren ihm vergönnt.
Jung war er, als er sich für die Kommunistische Partei entschied. Er wollte „für eine richtige Sache sein, auch wenn man zuerst gegen den Strom schwimmt“. Er war schon Kommunist, als er 1961 sein wohl bekanntestes Werk schrieb, das Ostermarschlied („Unser Marsch ist eine gute Sache“), immer noch und immer wieder gesungen. Ein wenig hat ihn das geärgert, er habe Wichtigeres geschrieben, knurrte er manchmal.
1965 gründete er zusammen mit dem Filmemacher Manfred Vosz die über viele Jahre einflussreiche linke Literaturzeitschrift „kürbiskern“. Die 1968 neukonstituierte DKP wies ihm das Amt eines Referenten für Bildungs- und Kulturpolitik zu. Zeit für die Schauspielerei und Auftritte als Kabarettist blieb da nicht mehr. Die UZ-Pressefeste mussten konzipiert, eine kommunistische Kulturpolitik auf der Höhe der Zeit entwickelt werden. Der „Kulturbrief ’84“, die Zusammenfassung seiner Überlegungen zur Kulturpolitik, könnte in vielem auch heute noch Leitfaden und Anregung für unsere eigenen Bemühungen auf diesem Gebiet sein. Man müsste nur hineinschauen. (Schon wieder: Man müsste mal …) Das Lesebuch zu Kunst, Kultur und Politik „Nicht einen Klang geb ich euch ab“ mit Texten aus drei Jahrtausenden entstand in dieser Zeit – ein editorischer Solitär.
Nach der Konterrevolution und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Parteistrukturen wurde Hannes stiller. Still war er aber bis zuletzt nie, auch wenn ihn private Enttäuschungen tief trafen und seine Gesundheit immer fragiler wurde. Er nannte das: ein bisschen gezaust. Abschied musste er nehmen von manchem gesichert Erscheinenden im Privaten wie im Politischen, nicht von seiner Überzeugung. Zur Verbreitung seiner Gedichte, seiner Essays, seiner Fotobücher nutzte er das Internet, wie auch zum Austausch mit seinen Genossinnen und Genossen.
Fragen können wir ihn nicht mehr, aber vieles liegt von ihm vor, was uns Richtung weisen kann und noch ausgewertet werden sollte.
In der letzten Ausgabe des „kürbiskern“, 1987, hat er geschrieben: „Soll’s das nun gewesen sein? – Wer denkt denn sowas? Wer will denn sowas? Ich nicht. Salut an alle.“