Scholz will sich bei Waffen für Kiew nicht übertreffen lassen. „Taurus“-Marschflugkörper und Soldaten sollen aber hierbleiben

Für den Krieg das meiste tun

Am Montag versammelte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron 21 EU-Staats- und Regierungschefs in Paris zu einem Krisentreffen über mehr Unterstützung für Kiew. Auf einer anschließenden, allein absolvierten Pressekonferenz verkündete er, dass „die Niederlage Russlands für die Sicherheit und Stabilität Europas unerlässlich ist“. Deshalb sei eine Dynamik, die zur Entsendung von Bodentruppen führe, nicht von vornherein auszuschließen. Olaf Scholz lehnte das am folgenden Tag ab, in anderen Hauptstädten hieß es, das sei „kein Thema“ (siehe UZ vom 1. März). Am Freitag wiederum veröffentlichte Russland den Mitschnitt eines Gesprächs von vier hochrangigen Offizieren der deutschen Luftwaffe, die am 19. Februar in aller Gemütsruhe die Einsatzvarianten des Marschflugkörpers „Taurus“ gegen russische Ziele erörtert hatten.

In den Tagen zwischen beiden Ereignissen hatte Scholz eine Art Doppelstrategie entwickelt: Ähnlich wie Macron beteuerte er wiederholt, alles für eine russische Niederlage aufbieten zu wollen, behauptete aber zugleich, er als Kanzler werde keine „Taurus“ nach Kiew schicken und schon gar keine Soldaten. Höhepunkt dieser politischen Schizophrenie war ein Forum mit 150 Bürgern am Donnerstag vergangener Woche in Dresden, auf dem Scholz erklärte, bei „Taurus“ handele es sich um eine Waffe, „die, wenn sie falsch eingesetzt wird, ein konkretes Ziel irgendwo in Moskau erreichen kann.“ Zuvor hatte der Kanzler den Dresdnern erklärt, dass der Krieg gegen Russland nötig sei und seine Regierung für Kiew finanzielle und militärische Unterstützung im Wert von 28 Milliarden Euro geleistet oder zugesagt habe. Wörtlich: Falls die USA ausfielen, werde es so sein, „dass Deutschland das meiste tut“.

Am selben Tag hatte Russlands Präsident in seiner jährlichen Rede an die Nation in Moskau davor gewarnt, westliche Truppen in die Ukraine zu schicken. Er erklärte: „Der sogenannte Westen mit seinen kolonialen Gepflogenheiten, seiner Gewohnheit, auf der ganzen Welt nationale Konflikte zu schüren, versucht nicht nur, unsere Entwicklung einzudämmen – er braucht statt Russland einen abhängigen, verblassenden, sterbenden Raum, in dem er tun und lassen kann, was er will.“ Russland habe den Krieg im Donbass nicht begonnen, werde aber alles tun, um ihn zu beenden. Die strategischen Nuklearstreitkräfte seien einsatzbereit, die von ihm 2018 angekündigten neuartigen Waffen im wesentlichen fertig. Russland sei zum Dialog mit den USA über strategische Stabilität bereit. Putin fragte aber: „Werden sie ernsthaft mit uns über Fragen der strategischen Stabilität diskutieren und gleichzeitig versuchen, Russland auf dem Schlachtfeld, wie sie selbst sagen, eine strategische Niederlage zuzufügen?“ Moskau habe verstanden, dass der Westen Russland zu einem Wettrüsten zwingen wolle, wie es ihm in den 1980er Jahren mit der Sowjetunion gelungen sei, die damals 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fürs Militär aufgewendet habe. Der Westen wähle selbst Ziele für ukrainische Angriffe auf russisches Territorium und auch die Zerstörungsmittel aus, und redet über die Möglichkeit, NATO-Militärkontingente in die Ukraine zu entsenden. Putin fuhr fort: „Aber wir erinnern uns an das Schicksal derer, die einst ihre Kontingente auf das Territorium unseres Landes geschickt haben. Jetzt werden die Folgen für mögliche Interventionisten viel tragischer sein … Und alles, was sie sich jetzt einfallen lassen, wie sie der ganzen Welt Angst machen, dass all dies tatsächlich einen Konflikt mit dem Einsatz von Atomwaffen und damit die Zerstörung der Zivilisation droht – verstehen sie das nicht?“

Am nächsten Tag waren westliche Medien voll mit hysterischen Schlagzeilen: „Putin droht mit Atomkrieg“. Stunden später veröffentlichte Moskau den Mitschnitt des Bundeswehrgesprächs.

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