Die Europäische Arbeitslosenversicherung soll Anlagemöglichkeiten risikofrei machen

Für das notleidende Finanzkapital

Von Klaus Stein

Die Bundesregierung bereitet sich auf schwere Wirtschaftskrisen in Europa vor. In diesem Zusammenhang hat Finanzminister Olaf Scholz Mitte Oktober einen Europäischen Stabilisierungsfonds für nationale Arbeitslosenversicherungen (European Unemployment Stabilization Fund – EUSF) vorgeschlagen. Er will damit die nationalen Arbeitslosenversicherungen in schweren Krisen abstützen. Allerdings geht es ihm auch um Forderungen an die Arbeitsmarktpolitik in Europa. Die Bundestagsfraktion der Linkspartei wollte diesbezüglich in einer Kleinen Anfrage vom 31. Oktober wissen, ob damit Strukturreformen zur Liberalisierung der Arbeitsmärkte oder Flexibilisierung bei Lohnverhandlungen gemeint seien. Mit Hinweis auf die noch andauernde Ressortabstimmung wurde in der Antwort der Bundesregierung vom 19. November zu diesem Detail zwar keine Auskunft gegeben, derartige Absichten aber auch nicht bestritten.

Die Initiative von Scholz sei vor allem eine Maßnahme im Zuge der Umsetzung des Koalitionsvertrags, in dem es heißt: „Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann. Dafür werden wir bei der Erstellung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens Sorge tragen. Dabei befürworten wir auch spezifische Haushaltsmittel für wirtschaftliche Stabilisierung und soziale Konvergenz und für die Unterstützung von Strukturreformen in der Eurozone, die Ausgangspunkt für einen künftigen Investivhaushalt für die Eurozone sein können. Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit.“

Nun hatte im Jahr 2014 der frühere EU-Kommissar für Soziales und Bildung, László Andor, einen ähnlichen Vorstoß wie Scholz unternommen. Auf die Frage der Linkspartei, welche Position die Bundesregierung dazu einnehme, kam als Antwort, Andor habe individuelle Versicherungsbeziehungen mit direkten Ansprüchen von Arbeitslosen vorgesehen, Scholz dagegen eine Rückversicherung für die jeweiligen nationalen Alo-Versicherungen.

Tatsächlich aber haben beide Vorschläge einen identischen übergeordneten Zweck. Im November 2012 hatte die Europäische Kommission ein „Konzept für eine vertiefte und echte Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)“ veröffentlicht. Darin werden in der Folge der Finanzkrise von 2008 zunächst Mängel in der institutionellen Konstruktion der WWU festgestellt. Es fehle an einem Instrument zur systematischen Behebung makroökonomischer Ungleichgewichte. Die Kommission schlägt deswegen Stabilisierungsins­trumente auf WWU-Ebene vor. Zweck sei Hilfe zur Anpassung bei asymmetrischen Schocks, stärkere wirtschaftliche Integration und Konvergenz sowie Vermeidung langfristiger Transferströme. In dem Zusammenhang nun gerieten schon damals die Arbeitslosenversicherungen in den Blick als „Systeme, in denen die Zahlungen aus dem Fonds einer bestimmten Zweckbindung unterliegen und antizyklisch wirken müssen“. Knapp gefasst: Finanzminister Scholz will einen europäischen Fonds einrichten und mit Steuergeldern stützen, der vielleicht Arbeitslosigkeit in Europa abfedert, zunächst aber notleidendem Finanzkapital Anlagemöglichkeiten verschafft und Risiken vergesellschaftet. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lässt noch prüfen.

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"Für das notleidende Finanzkapital", UZ vom 21. Dezember 2018



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