Checkliste
zum Bildungsurlaub
Was müssen Beschäftigte beachten?
Bildungsurlaub zu beantragen ist eigentlich gar nicht so schwer – aber noch immer wissen viel zu wenige Beschäftigte davon. Dabei kann der berufliche und persönliche Nutzen erstaunlich groß sein. Für einen reibungslosen Ablauf sollten die folgenden Punkte berücksichtigt werden:
1. Wo gibt es Bildungsurlaub? Fast alle Bundesländer haben die Möglichkeit von Bildungsurlaub vorgesehen – bis auf Bayern und Sachsen. Allerdings sind die Regelungen von Bundesland zu Bundesland verschieden.
2. Rechtzeitig kommunizieren: Die Freistellung muss spätestens sechs Wochen im Voraus beim Unternehmen beantragt werden. Die notwendigen Formulare gibt es im Zweifel beim Veranstalter. Sofern Seminare von der zuständigen Landesbehörde als Bildungsurlaub anerkannt sind, muss der Arbeitgeber die rechtzeitig beantragte Freistellung genehmigen, es sei denn, betriebliche Gründe stehen dem entgegen (z. B. ein Großteil der Beschäftigten haben in der Zeit schon Urlaub beantragt, Auszubildende hätten in der Zeit ein wichtigen Lehrgang, oder die Auftragsbücher sind so voll, dass sowieso niemand Urlaub bekommt).
3. Wird das Kursangebot als Bildungsurlaub anerkannt? Wenn das unklar ist, sollte man notfalls beim Anbieter nachfragen. Unter Umständen muss die Anerkennung noch beantragt werden; weitere Infos unter www.arbeitundleben.de, Stichwort Bildungsfreistellung.
4. Welche Kurse dürfen belegt werden? Wer eine Weiterbildung belegt, die mit seinem Job wirklich etwas zu tun hat, vermeidet unter Umständen unnötige Querelen mit dem Chef. Doch darauf ist der Bildungsurlaub eigentlich nicht beschränkt. Berufliche Weiterbildungen kommen ebenso in Frage wie politische oder kulturelle; die Bandbreite reicht von der EDV-Schulung über Sprachkurse bis hin zu Zeitmanagement-Seminaren und grundlegender gesellschaftlich-politischer Bildung.
5. Wann darf der Bildungsurlaub abgelehnt werden? Eine Freistellung darf der Arbeitgeber nur dann verweigern, wenn wichtige betriebliche Gründe entgegenstehen, etwa weil sonst die Produktion in Gefahr gerät. Die Beweislast hierfür trägt allerdings der Arbeitgeber. Letzte Entscheidungsinstanz ist im Zweifel das zuständige Arbeitsgericht.
6. Wie lang darf der Bildungsurlaub werden? Die Ansprüche zweier Jahre können in der Regel kumuliert werden, so dass bis zu zwei Wochen Bildungsurlaub am Stück drin sind.
In vierzehn von sechzehn Bundesländern gibt es für abhängig Beschäftigte zusätzlich zum jährlichen Erholungsurlaub noch mal eine Arbeitswoche lang Bildungsurlaub. Also bis zu sechs Tage extra aus dem Betrieb raus. Dabei geht es nicht um Fortbildungen für den Beruf oder Betrieb, sondern um persönliche, nach eigenem Bedarf ausgerichtete Bildung im Erwachsenenbereich. Das kann nahezu alles Mögliche umfassen:Von Sprachkursen über Seminare zur Selbsterhaltung der Gesundheit bis zum politischen Gewerkschaftsseminar über den Interessengegensatz von Kapital und Arbeit. Wichtig ist nur, dass die Kurse, Seminare, Bildungsurlaube bei den entsprechenden Landesinstitutionen anerkannt sind.
Wie gesagt, vierzehn von sechzehn Bundesländern haben ein Bildungsurlaubs-, Bildungszeit-, Weiterbildungs-, Bildungsfreistellungs- oder gar ein Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (NRW). Einzig die Freistaaten Sachsen und Bayern verweigern den abhängig Beschäftigten in ihren Ländern die Weiterbildung während der Arbeitszeit. Denn als Arbeitszeit gelten die Bildungsurlaube, und der Betrieb darf den Lohn oder das Gehalt weiterbezahlen – also wie beim Urlaub. Für Beamte gilt übrigens, wie bei allen anderen Themen auch, eine eigene Verordnung, wie zum Beispiel die Sonderurlaubsverordnung.
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den vierzehn Gesetzen zum Bildungsurlaub, sonst bräuchte es ja nicht vierzehn verschiedene Gesetze. Das liest mensch am besten selbst in dem für das entsprechende Bundesland geltende Gesetz nach. Sie sind alle sehr schnell über jede Suchmaschine im Internet zu finden. Eine umfassende Sammlung der Bestimmungen und Gesetze bietet die Seite: www.bildungsurlaub.de. Hier wird auf jedes Bundesland mit seinen Regelungen und auch Veranstaltungen eingegangen. Aber auch die KollegInnen der örtlichen Gewerkschaft werden gerne über die eigenen Seminare, die als Bildungsurlaub angeboten werden, informieren.
Kurzum, Bildungsurlaub ist eine super Sache, zudem dürfte es den Unternehmen ganz schön quer liegen, dass Beschäftigte neben dem Jahresurlaub noch eine weitere Woche massenweise im Betrieb fehlen.
Massenweise? Im Gegenteil! Gerade mal ein bis zwei Prozent aller Beschäftigten in der Bundesrepublik nehmen das gesetzlich verbriefte Recht in Anspruch. Gründe dafür gibt es einige. Der erste ist, dass viele Bildungsurlaub gar nicht kennen oder nicht wissen, dass dieser keine milde Gabe des Unternehmens ist, sondern ein Rechtsanspruch besteht. Hier sind wir gefragt, in Betrieben unter den KollegInnen die Möglichkeit nach Bildungsurlaub bekannt zu machen.
Ein weiterer Grund ist, dass Beschäftigte sich in Zeiten von befristeten Verträgen nicht trauen, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Viele scheuen vielleicht auch die mögliche Konfrontation mit den Vorgesetzten. Hier sind die Betriebsräte und gewerkschaftlichen Strukturen in den Betrieben gefordert, ein Klima zu schaffen, in dem es normal ist, Bildungsurlaub zu nehmen.
Also liebe GenossInnen, frisch gewagt und nach Bildungsurlaub gefragt. Fünf Tage Jahresurlaub würde ja auch niemand verschenken, oder?