Auch nach mehrmaligem Lesen konnte ich leider beim besten Willen keine Ironie im letzten Satz des Autors finden. Die Schlussfolgerung daraus, dass Flüchtlinge bzw. Ausländer allgemein vor allem in Branchen mit besonders schlechten Arbeitsbedingungen zu Hungerlöhnen ausgebeutet werden, soll nicht etwa sein, dass hier ein nachdrücklicher Fokus auf gewerkschaftliche Organisierung liegen muss oder Schaffung von Klassenbewusstsein und gemeinsamer Kampf gegen das Kapital die drängendsten Aufgaben sind. Nein, der Autor kritisiert stattdessen die „Zulassung der Massenimmigration“ und folgert, die Forderung nach offenen Grenzen sei „dumm“ und „wirtschaftsliberal“. Haben wir nicht bisher immer betont, dass die Herrschenden in Deutschland die Fluchtbewegungen vielmehr verursacht und nicht „zugelassen“ haben und ist „Massenimmigration“ nicht ein Wort, dass eher von Rechten zur Dramatisierung der Ereignisse verwendet wird? Erscheint der gemeinsame Kampf aller Lohnabhängigen in Deutschland dem Autor so illusionär, dass er lieber auf geschlossene Grenzen mit all den daraus folgenden Konsequenzen setzt (Stichwort: Massengrab Mittelmeer)? Ich hoffe wirklich, dass es sich bei den fragwürdigen Aussagen doch nur um missverständlich formulierte Ironie handelt.
Frontex statt Klassenkampf?
Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.
An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)