Auch die Bundeswehr kann „Charme-Offensive“

Friedlicher deutscher Einmarsch in Südkorea

Von WSK

Als die deutschen Sportlerinnen und Sportler zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang einmarschiert sind, wehte ihnen „Schwarz-Rot-Gold“ voran. Das Wappen der Bundeswehr wäre ehrlicher gewesen.

„44 Prozent der deutschen Medaillen bei den Sommerspielen 2016 wurden von Sportsoldaten gewonnen“, verkündet die Bundeswehr voller Stolz auf ihrer Website (bundeswehrentdecken.de) als „Fakt der Woche“. Nachgeschaut, womit die deutschen Athleten der aktuellen Winterspiele ihre Brötchen verdienen, finden sich in der alphabetisch sortierten Liste – bei Nr. 20 hab ich aufgehört – sieben Athletinnen und Athleten, die die Berufsbezeichnung „Sportsoldat“ tragen, drei sind beim deutschen Zoll und zwei bei der Bundespolizei unter Vertrag. „Im professionellen Skisport werden etwa 90 Prozent der deutschen Athletinnen und Athleten, die im Spitzen- oder Nachwuchsbereich einem Kader des DSV angehören, von Bundespolizei, Bundeswehr oder Zoll gefördert“, ist auf der Homepage des Deutschen Zolls (www.zoll.de“) nachzulesen. Zivil ist anders, und zivile Botschafter des deutschen Sportes sind offensichtlich recht dünn gesät.

Und das, obwohl die alte und die neue GroKo über tiefe Einsichten verfügen: „Wir wissen um die überragende Bedeutung des Sports gerade für die Integration, die Inklusion und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.“ Diesen Satz haben sie dann auch gleich zweimal in ihren Koalitionsvertrag geschrieben (Zeilen 6422 ff. bzw. 6462 ff.). Auch ihre Absichtserklärung, für die Förderung des Leistungssports „deutlich mehr Mittel“ bereitzustellen, haben sie gleich zweimal im Koalitionsvertrag formuliert.

Warum sie das nicht in der Vergangenheit getan haben, wird das süße Geheimnis der Koalitionäre bleiben. Die Koalitionäre schweigen sich darüber aus, wie es zu dem „Modernisierungs- und Sanierungsstau in der Infrastruktur der Sportanlagen, die dem Spitzensport dienen“, gekommen ist, wollen ihm aber entgegenwirken. „Insbesondere wollen wir uns stärker an den Unterhaltskosten der Spitzensportanlagen, die in kommunaler Trägerschaft liegen, beteiligen“, kündigen sie an und wollen sich zugleich für eine insgesamt moderne und bedarfsgerechte Sportstätten-Infrastruktur in Deutschland einsetzen. Dem Breitensport wird zwar Wichtigkeit bescheinigt, Zusagen für eine verbesserte Förderung gibt es aber nicht.

Sportlerinnen und Sportler werden also auch zukünftig mehr oder weniger freiwillig die Models für Propaganda von Bundeswehr und Co. abgeben.

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"Friedlicher deutscher Einmarsch in Südkorea", UZ vom 16. Februar 2018



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