Nach der bizarren Debatte über die Kriegskredite wurde es noch einmal kurz still im Deutschen Bundestag. Der marktradikale Frank Schäffler trat ans Mikrofon, um eine mündliche Erklärung abzugeben. „Schulden sind die Ketten der Unfreiheit für die nächsten Generationen“, zitierte er den neun Jahre zuvor gestorbenen früheren FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle.
Die FDP zog gegen die Kriegskredite vor Gericht, lehnte sie nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat ab – und hat damit objektiv mehr für den Frieden geleistet als so manche andere in beiden Kammern vertretene Partei.
Gewollt hat die FDP das natürlich nicht. Im Gegenteil: Sie hatte sogar einen eigenen Aufrüstungsvorschlag mit geringerer Staatsverschuldung unterbreitet. Auch mit dem deutschen Imperialismus haben die Liberalen noch nie ein Problem gehabt. Der erwähnte Schäffler war es, der Griechenland im Jahr 2010 aufforderte, Inseln zu verkaufen, um deutsche Interessen zu bedienen. Die unverhofften Sabotageaktionen an der parlamentarischen Heimatfront entspringen nicht einer intellektuellen Eigenleistung oder einem plötzlichen Erkenntnisgewinn, sondern einer bemerkenswerten neoliberalen Verbohrtheit: Schuldenbremse über alles!
Man muss es Figuren wie Christian Lindner zugutehalten, dass sie bis zum Schluss nicht mitbekommen haben, in welcher historischen Situation sie sich befinden. Ihre ständige Nörgelei, ihr Festhalten an der schwarzen Null und an der möglichst umfassenden Zerschlagung von Staat und Bürokratie während der Ampel-Koalition hat den Übergang zur Kriegswirtschaft verzögert. In ein paar Jahren werden sie sich vielleicht aus der Verantwortung ziehen können, wenn die nachfolgende Generation über das größte Aufrüstungsprogramm in der bundesrepublikanischen Geschichte und seine Folgen urteilt. Das Glück ist mit den Dummen – aber nur zeitweise.
Denn der Wind hat sich gedreht. Das Kapital setzt auf mehr Staatsengagement für Kriegstüchtigkeit und Rüstungsproduktion. Nennenswerte Rückendeckung für neoliberale Chefideologen gibt es nicht mehr. Folgerichtig ist die FDP aus dem Bundestag geflogen und liebäugelt nun damit, ihre nach Brüssel verbannte Weltkriegsexpertin zurückzuholen. Es sagt viel aus über unsere Zeit, wenn die FDP eine bessere Partei ist, solange sie standhaft an ihrem alten unsozialen Arschlochtum festhält.