Die Mehrheit der Menschen in diesem Land will keine neuen US-Raketen auf deutschem Boden. Im Vorfeld der Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen hatte zuletzt der Mitteldeutsche Rundfunk danach gefragt. Demnach sprachen sich zwei Drittel der Befragten in ostdeutschen Bundesländern gegen die Raketenpläne der Bundesregierung aus. Sie fürchten ein neues Wettrüsten und die Gefahr eines atomaren Schlachtfelds in Europa. Viele empört, dass es um die Stationierung keinerlei Debatte gab, sondern sie schlicht verkündet wurde.
Dieser Stimmung trägt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Rechnung. In einem Antrag vom 26. August fordert es den Bundestag auf, „ein Gesetz vorzulegen, um möglichst binnen sechs Monaten, spätestens aber parallel zur Bundestagswahl 2025 eine Volksbefragung zur Frage der US-Raketenstationierung in Deutschland durchzuführen“. Diese Forderung brachte der Friedensaktivist Reiner Braun auch auf den UZ-Friedenstagen, die am vergangenen Wochenende in Berlin stattfanden, ein. Die USA verhielten sich angesichts des drohenden Hegemonieverlusts wie ein angestochener Tiger, so der ehemalige Leiter des Internationalen Friedensbüros. „Unsere Aufgabe ist es, alles für eine Volksabstimmung zu tun, um die US-Raketenstationierungen zu verhindern“, so Braun in seinem Grußwort auf der Hauptbühne.
Die UZ-Friedenstage der DKP in und um das ND-Gebäude am Berliner Ostbahnhof waren mit mehr als 3.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein großer Treffpunkt der außerparlamentarischen und Friedensbewegung. Einigkeit gab es bei allen, dass der Widerstand gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung auf die Straße muss – am Antikriegs- und Weltfriedenstag an diesem Sonntag und am 3. Oktober in Berlin. Für diesen Tag mobilisiert das Bündnis „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ zu einer Großdemonstration in der Hauptstadt. Braun gab den Teilnehmern der Friedenstage die Hausaufgabe auf, nicht nur selber daran teilzunehmen, sondern jeweils drei Freunde, Kollegen oder Nachbarn mitzubringen, die noch nie auf einer Friedensdemo waren.
Auch Lühr Henken, Ko-Sprecher des Bundesauschusses Friedensratschlag, warnte auf der Hauptkundgebung der DKP-Veranstaltung am Samstagabend vehement vor der neuerlichen Provokation gegen Russland: „Die bilaterale Vereinbarung zwischen den Regierungen der USA und Deutschlands, ab 2026 auf US-Stützpunkten in Süddeutschland US-amerikanische Mittelstreckenraketen SM-6 und Dark Eagle sowie Marschflugkörper des Typs Tomahawk in unbekannter Anzahl zu stationieren, muss alle Menschen in Deutschland und Europa in höchstem Maße besorgen und sie herausfordern, so laut es geht Alarm zu schlagen.“ Was als Abschreckung verkauft werde, erweise sich als strategische Offensivoption gegen Russland. Was als Entspannungsübung deklariert werde, vergrößere in unerhörtem Maße die Atomkriegsgefahr in Deutschland und Europa. Es drohe ein irreparables Desaster. „Die Bevölkerung muss zu mutigen, zahlreichen und vielfältigen Aktionen animiert werden. Es geht um unser aller Überleben“, so Henken, der ebenfalls zur Teilnahme an der bundesweiten Friedensdemonstration in Berlin am 3. Oktober aufrief.
Das Bündnis „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ informierte am Dienstag, dass die Demonstration inzwischen von rund 1.500 Gruppen und Einzelpersonen unterstützt werde, darunter die DKP und auch das Forum DL21 – die Linke in der SPD. Aufrufe gibt es auch von Gliederungen der DGB-Gewerkschaften. Unter dem Titel „Wir müssen jetzt Gesicht zeigen“ ruft zum Beispiel der AK Internationalismus der Berliner IG Metall „alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich öffentlich der Forderung nach Kriegstauglichkeit zu widersetzen“ und sich in die Demonstration einzureihen. Der Stadtvorstand „Die Linke“ Leipzig mobilisiert ebenfalls nach Berlin. Am 16. August hat er sich mit einem Antrag auch an den Parteivorstand der Linkspartei gewandt und diesen aufgefordert, die Demonstration zu unterstützen. Allein, eine Antwort gab es bisher nicht.
Friedensdemonstration in Berlin am 3. Oktober 2024: nie-wieder-krieg.org