Am 24. Januar veröffentlichte die österreichische „Kleine Zeitung“ ein Interview mit dem Sondergesandten der OSZE und Chefvermittler bei den Gesprächen der Kontaktgruppe in Minsk zur Regelung des Konflikts in der Ukraine, Martin Sajdik.
Sajdik äußerte, er habe gemeinsam mit anderen Diplomaten einen neuen Friedensplan für den Donbass ausgearbeitet, der vorsehe, dass UNO und OSZE in einer gemeinsamen Mission mit einer militärischen und einer Polizeikomponente als eine Übergangsverwaltung im Donbass eingesetzt werden. Diese soll die Durchführung von Wahlen und eine Wiederintegration in die Ukraine gewährleisten. Zusätzlich soll unter Leitung der EU eine Wiederaufbauagentur eingerichtet werden. Nur, Letztere soll im gesamten Bereich der ehemaligen Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk eingesetzt werden, also auch in den von der Ukraine besetzten Gebieten der Donezker und Lugansker Volksrepublik.
Daraus folgt, dass die militärische/polizeiliche Komponente offensichtlich dazu dienen soll, die von den Volksrepubliken kontrollierten Gebiete zu besetzen und schließlich gewaltsam wieder in die Ukraine einzugliedern. Vereinbart werden soll dies im „normannischen Format“, das heißt zwischen Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine. Vertreter der Volksrepubliken sollen dabei nur „gehört“ werden. Ganz nebenbei wird damit Russland zur Kriegspartei in einem Bürgerkrieg außerhalb seines Staatsgebiets gemacht, da die Volksrepubliken nicht mehr als eine der Konfliktseiten gelten.
Wenn auch Sajdik und andere westliche Politiker versuchen, den Eindruck zu erzeugen, es handele sich nur um eine Ergänzung der Minsker Vereinbarungen, so wird anhand der Fakten deutlich, dass dies keineswegs der Fall ist. Darauf haben als erstes die Außenminister der Volksrepubliken hingewiesen, insbesondere darauf, dass die Minsker Vereinbarungen vorsehen, dass alle Regelungen von Verfassungsreformen in der Ukraine bis zu gesetzlichen Regelungen von Wahlen und Amnestie mit den Vertretern der Volksrepubliken zu vereinbaren sind.
Sajdik erklärt zwar, dass die Rechte der Bevölkerung des Donbass gewahrt bleiben sollen, dies ist aber mehr oder weniger auf die Frage der russischen Sprache beschränkt. Von einem besonderen Status des Donbass, dessen Regelungen mit den Volksrepubliken zu vereinbaren sind, ist nicht mehr die Rede.
Der von den Staatsoberhäuptern der Volksrepubliken, der Ukraine sowie von der BRD, Frankreich und der Russischen Föderation (RF) als Garantiemächten unterzeichnete Maßnahmenkomplex zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 sieht eine eigenständige Politik des Donbass in kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht auch in Zusammenarbeit mit der RF sowie die Schaffung einer Volksmiliz vor, die den örtlichen Behörden untersteht. Diese Regelungen, die unter dem Eindruck der militärischen Erfolge der Volksrepubliken durchgesetzt werden konnten, wollten jedoch weder die westlichen Garantiemächte noch die USA und die Ukraine je umsetzen.
Der Plan Sajdiks zielt auf eine bedingungslose Kapitulation der Volksrepubliken gegenüber dem profaschistischen Kiewer Regime ab. In dieses Bild passt auch eine EU-Agentur zum Wiederaufbau. Damit erhält die EU einen unmittelbaren Zugriff auf das Industriegebiet des Donbass, eines ihrer Ziele bei der Unterstützung des profaschistischen Putsches von 2014. Nicht verwunderlich ist also, dass sich Vertreter der BRD und Frankreichs positiv zu dem Plan äußerten.
Russland hat sich gegenüber den Überlegungen Sajdiks klar ablehnend geäußert und darauf hingewiesen, dass beide Konfliktseiten zustimmen müssten. Ohne die Zustimmung der RF ist aber der Einsatz der UNO nicht möglich.
Derweil versucht die ukrainische Regierung, die Situation weiterhin militärisch zu eskalieren. Trotz Waffenstillstands wurden in der letzten Woche im Donbass wieder mehrere Häuser durch ukrainische Angriffe beschädigt, mehrere Soldaten der Volksrepubliken von ukrainischen Scharfschützen getötet. Bei der vom Westen unterstützten Sabotage der Minsker Verhandlungen durch die Ukraine kann man sich durchaus die Frage stellen, ob diese alternativlos sind. Die russischen Kommunisten fordern stattdessen eine Anerkennung der Ergebnisse der Referenden im Donbass im Frühjahr 2014 und damit der Souveränität der Volksrepubliken durch Russland, um damit deren Position gegenüber der Ukraine zu stärken.