Frieden braucht Verständigung – und Verträge

Uli Brockmeyer zum Korea-Konflikt

Das Tauziehen um Krieg und Frieden auf der Koreanischen Halbinsel geht weiter, auf beiden Seiten. Während die nordkoreanische Führung ihren vermeintlichen Sieg feiert, den sie durch Atomwaffen- und Raketentests errungen zu haben glaubt, läuft im Süden die Kriegsmaschinerie weiter auf vollen Touren. Kriegsflugzeuge der USA und der von ihr ausgebildeten und hochgerüsteten südkoreanischen Luftwaffe üben Bombenangriffe auf simulierte Ziele im Norden, auch am Boden und im angrenzenden Meeresgebiet wird der Ernstfall geprobt.

Zusätzlich drängen die USA darauf, im UNO-Sicherheitsrat das kleine Nordkorea mit weiteren Sanktionen unter Druck zu setzen, assistiert von der Europäischen Union und insbesondere vom deutschen Außenminister, dem in Zeiten des Wahlkampfes jedes Mittel recht ist, um für seine SPD irgendwelche Sympathiepunkte zu erhaschen – jedes Mittel, auch jedes untaugliche.

Weitgehend vernünftige Gedanken sind fast ausschließlich aus Moskau und Peking zu hören. Sowohl Russland als auch China wollen den „Rest der Welt“ – einschließlich beider Koreas – davon überzeugen, das Säbelrasseln einzustellen und am Verhandlungstisch Lösungen auszuhandeln, die den Frieden erhalten oder zumindest einen Krieg vermeiden, dessen Auswirkungen man sich gar nicht ausdenken mag.

In einer Situation, in der eine einzige falsche Entscheidung millionenfachen Tod und unvorstellbare Zerstörungen bedeuten kann, ist Vernunft geboten. Die Voraussetzung dafür ist, sich vor allem mit der Lage der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik zu beschäftigen, des Landes, das in den Medien gern als „international isoliert“ bezeichnet wird. Denn hier handelt es sich nicht einfach um ein Land, dessen Staatschef aus irgendwelchen persönlichen Interessen Atomwaffen kons­truieren und Raketen bauen lässt. Die KDVR war zu Beginn der 50er Jahre Opfer eines vernichtenden Krieges, bei dem die USA unter falscher Flagge mehr Bomben auf Dörfer und Städte abgeworfen haben als während des gesamten Zweiten Weltkriegs, bis es buchstäblich nichts mehr zu bombardieren gab. Dieser Krieg wurde letztlich in zähen Verhandlungen in dem Grenzort Panmundjom durch einen Waffenstillstand beendet.

Formal herrscht also auf der Halbinsel immer noch Krieg. Sämtliche Vorschläge aus dem Norden, endlich einen Friedensvertrag abzuschließen, wurden von den USA und ihren Verbündeten vom Tisch gewischt. Somit ist es zumindest nachzuvollziehen, dass sich das Land mit der Entwicklung und Weiterentwicklung von Waffen gegen neue Angriffe rüstet. Das Argument Pjöngjangs, die USA hätten noch nie ein Land angegriffen, das Atomwaffen besitzt, kann man begrüßen oder ablehnen, aber es entspricht der Wahrheit.

Somit liegt der Weg zu einer Lösung des sogenannten Nordkorea-Konflikts, der in Wirklichkeit ein Korea-Konflikt ist, klar auf der Hand. Man mache sich auf den Weg nach Panmundjom, setze sich an einen Tisch und rede über Frieden und einen Vertrag. Und „ganz nebenbei“ könnte auch der seit Jahrzehnten auf dem Tisch liegende nordkoreanische Vorschlag einer atomwaffenfreien Zone auf der Koreanischen Halbinsel besprochen und gutgeheißen werden.

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"Frieden braucht Verständigung – und Verträge", UZ vom 15. September 2017



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