Bundesregierung verbietet Hisbollah

Freundschaftsdienst

Die Bundesregierung hat gegen die Hisbollah („Partei Gottes“) in Deutschland ein Betätigungsverbot erlassen. Die Polizei durchsuchte am 30. April in einer großangelegten Razzia mehrere Moscheen. Der US-Botschafter und ebenso der israelische Botschafter in Berlin begrüßten die Aktion. Die USA, Israel und Saudi-Arabien drängen seit Jahren darauf, nicht nur den militärischen, sondern auch den politischen Zweig der Hisbollah als terroristische Organisation zu behandeln.

2016 erklärte der Golf-Kooperationsrat – angeführt von Saudi-Arabien – die Hisbollah zu einer terroristischen Organisation. Die Arabische Liga folgte bald darauf, allerdings gegen die Stimmen des Irak und des Libanon. Der damalige libanesische Außenminister Gebran Bassil nannte die Hisbollah einen integralen Teil der libanesischen Gesellschaft von großer Bedeutung.

Nach Jahren der Regierungsbeteiligung der Hisbollah wurde das mit den Protesten wegen der Finanz- und Regierungskrise des Libanon noch deutlicher als zuvor. Statt die Stabilität der Region zu untergraben, wie der israelische Botschafter in Berlin behauptete, versuchte die Hisbollah alles, die Stabilität des Landes zu behaupten.
In ihren eigenen Worten übernahm sie „Verantwortung“, als sie die Regierung unter Ministerpräsident Hassan Diab ermöglichte und sich daran beteiligte. Sie wandte sich damit gegen die Demonstranten, die über Monate ein Ende des Regimes aus Korruption und Seilschaften gefordert hatten und auch die Regierung Diab ablehnen. Es ist – wie bei der Unterstützung Syriens – eine durchaus konservative Politik, die einen möglichen Staatszerfall zu verhindern sucht.

Die Aktivitäten der Hisbollah sind keineswegs auf ihre schiitischen Unterstützer beschränkt. Viele Christen im Libanon vertrauen der Hisbollah mehr als anderen libanesischen Parteien und Organisationen. Kein Wunder – waren es doch gerade Soldaten der Hisbollah, die in Syrien christliche Dörfer und Gemeinden gegen die Angriffe der islamistischen Terroristen verteidigten.

Als Gebran Bassil von der Bedeutung der Hisbollah im Libanon sprach, ging es auch um die sozialen Einrichtungen. Krankenhäuser, Schulen und eine Universität bieten medizinische Dienstleistungen und höhere Bildung auch Menschen mit kleinen Einkommen. Und wie andere Organisationen zeigt Hisbollah im „Krieg gegen Corona“ Flagge. Ihre Trupps desinfizieren, Mediziner und medizinisches Gerät stehen bereit und einige Dutzend ihrer Krankenwagen warten auf den Einsatz.

Die Hisbollah ist Teil der libanesischen Gesellschaft. So sehr, dass auch die Korruption nicht mehr vor ihr Halt macht, wenn sie auch nicht dasselbe Maß erreicht wie bei anderen Parteien. Im November 2019 führten die Massenproteste zu neuen Korruptionsverfahren gegen libanesische Parteien und Politiker. Der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, rief die Justiz auf, ihre Untersuchungen mutig zu führen. Wenn nötig, solle sie mit Hisbollah beginnen.
Was der Westen der Hisbollah vorwirft, ist ihr Widerstand gegen die israelische Politik – und ihre militärische Stärke. Mit ihren Raketen kann sie Ziele überall in Israel erreichen und so zögert Israel vor Aktionen zurück, die zu einem erneuten Krieg gegen den Libanon führen könnten.

Nach wie vor herrscht lediglich Waffenstillstand im Krieg zwischen dem Libanon und Israel. Israelische Flugzeuge verletzen das Waffenstillstandsabkommen immer wieder und greifen aus dem libanesischen Luftraum Ziele in Syrien an. Und wie zum Hohn erklären deutsche Behörden zur Verbotsverfügung, die Ideologie der Hisbollah richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

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"Freundschaftsdienst", UZ vom 8. Mai 2020



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