Verfahren gegen Heinrich Bücker: Landgericht bestätigt Urteil der ersten Instanz

Freispruch Nummer 2

Gerade einmal 24 Zuschauerinnen und Zuschauer passten in den Verhandlungssaal im Landgericht Berlin, als am Montag die Berufungsverhandlung gegen den Friedensaktivisten Heinrich Bücker begann. Mindestens noch einmal so viele warteten vor der Tür auf eine Entscheidung. Sie mussten Geduld mitbringen. Wegen mehrfacher Unterbrechungen zog sich die Verhandlung bis in den Nachmittag.

Zu Beginn der Verhandlung wurden Auszüge aus der Rede verlesen, wegen der Heinrich Bücker vor Gericht stand. Der Friedensaktivist hatte zum 81. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion am sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park gesprochen. Vor diesem Hintergrund hatte er auch die Geschichte des Krieges in der Ukraine erläutert und sich gegen Waffenlieferungen und eine weitere Eskalation des Krieges mit Russland ausgesprochen. Das brachte ihm eine Anzeige und ein Verfahren wegen eines angeblichen Verstoßes gegen Paragraf 140 des Strafgesetzbuches ein. Ihm wurde die „Billigung eines Angriffskrieges“ vorgeworfen. Im folgenden Strafbefehl, mit dem er zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt wurde, hieß es: Seine Aussagen hätten das „Potenzial, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima der Bevölkerung aufzuhetzen“.

Gegen diesen Strafbefehl hatte Bücker Einspruch eingelegt und es kam zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten. Am Ende stand ein Freispruch für den Friedensaktivisten – mit politischem Pferdefuß. Bemüht, keinen Präzedenzfall zu schaffen, betonte das Gericht damals, dass die von Bücker getätigten Aussagen falsch seien und Russland einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ führe. Das Potential der Rede, „das psychische Klima der Bevölkerung aufzuhetzen“, war nach Sicht der Richterin nur aufgrund des begrenzten Kreises der Zuhörerinnen und Zuhörer nicht gegeben. Die Staatsanwaltschaft legte anschließend Rechtsmittel ein.

Die zweite Verhandlung am Landgericht glich in weiten Teilen dem ersten Prozess. Wieder trat Bücker für das Recht auf Meinungsfreiheit ein. „Ich bin per se gegen Krieg. Aber mir ist wichtig, dass man Kriege unterschiedlich beurteilen kann“, sagte der Friedensaktivist nach dem Prozess zu UZ. Wieder forderte sein Anwalt Tobias Krenzel das Gericht mit Beweisanträgen auf, sich ein umfassenderes Bild zu verschaffen. So sollte ein Bericht des ARD-Magazins „Monitor“ eingebracht werden, der sich schon im Jahr 2018 mit dem wachsenden Einfluss von Faschisten in der Ukraine auseinandergesetzt hatte – lange bevor Bücker für ähnliche Aussagen vor Gericht gezogen wurde. Das Gericht machte es dem Anwalt jedoch nicht leicht, bestand zum Teil auf schriftliche Einbringung von Anträgen. Zweimal wurde die Verhandlung unterbrochen.

Am Nachmittag dann das Urteil: Freispruch! Zwar bekräftigte der Richter die Auffassung, dass Bücker mit seinen Aussagen eine „Billigung“ vorgenommen habe. Doch dies habe nicht zur Aufwiegelung der Bevölkerung geführt. Die Argumentation ähnelt somit dem Freispruch im ersten Verfahren. Zudem wurden erneut Rechtsmittel zugelassen. Die Staatsanwaltschaft könnte also erneut versuchen, das Urteil zu kippen.

„Es ist noch nicht ausgestanden“, war dann auch die vorherrschende Meinung unter den Prozessbeobachtern. So empfand das auch Heinrich Bücker. Im Gespräch mit UZ bedankte er sich bei seinem Rechtsanwalt und wertete den Freispruch erst einmal positiv. „Aber ich weiß nicht, ob er Bestand haben wird“, so Bücker. Der Staatsanwalt wirkte auf ihn „überzeugt“. „Es könnte sein, dass es wieder so läuft wie beim letzten Mal“, sagte der Friedensaktivist, der sich nun auf alle Möglichkeiten vorbereitet. Die Staatsanwaltschaft hat eine Woche Zeit, gegen das Urteil vorzugehen.

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"Freispruch Nummer 2", UZ vom 1. März 2024



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