Freiheit der Seefahrt gilt nicht mehr für den Iran

Freiheit für wen?

Von Manfred Ziegler

Am 9. Juli hat die britische Regierung die Warnstufe für britische Schiffe im Persischen Golf auf die höchste Stufe 3 festgelegt. Zugleich sandte sie ein weiteres Kriegsschiff in die Region, um britische Schiffe zu schützen. Damit soll die Freiheit der Seefahrt in der Region sichergestellt werden, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte.

Mit der Freiheit der Seefahrt nahm es die britische Regierung nicht so ernst, als ein offenbar iranischer Tanker vor Gibraltar aufgebracht wurde. Polizei und Sondereinheiten des britischen Militärs kaperten den Supertanker „Grace 1“, Offiziere des Schiffes wurden festgenommen und erst später gegen Kaution freigelassen.

Die Begründung für den Übergriff war feinsinnig abgestimmt. Die USA verlangten den Angriff wegen ihrer Sanktionen gegen den Iran – die Fracht kam aus dem Iran. Da diese Sanktionen für Europa nicht gelten, war hier die Begründung, die Fracht sei für Syrien bestimmt, gegen das massive europäische Sanktionen gelten.

Nachdem die USA das Atomabkommen verlassen und den Iran mit Sanktionen überzogen haben, war der Iran ein Jahr lang der einzige Unterzeichnerstaat, der das Abkommen voll umgesetzt hat. Nun setzt der Iran seinerseits einige Auflagen aus dem Abkommen nicht mehr um. Zuletzt wurde Uran über die zulässige Grenze von 3,7 Prozent hinaus auf 4,5 Prozent angereichert.

Die USA hatten zwar das Atomabkommen verlassen, forderten jetzt aber wegen der verstärkten Uran-Anreicherung durch den Iran eine Sondersitzung des Leitungsgremiums (Board of Governors) der internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Wenn die USA beabsichtigt hatten, eine Resolution gegen den Iran zu erreichen, so war es ihnen nicht gelungen. Die Sondersitzung blieb ohne Ergebnis.

Der Botschafter des Iran bei der IAEA, Kazim Gharibabadi, wiederholte während einer Pressekonferenz, der Iran sei nicht bereit, erneut über das Atomabkommen zu verhandeln. Er werde alle 60 Tage weitere Beschränkungen reduzieren, solange insbesondere die europäischen Unterzeichnerstaaten ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nicht nachkommen. Die Zweckgesellschaft Instex, über die der Handel abgewickelt werden soll, sei dabei nicht ausreichend, solange nicht auch Öllieferungen darüber abgerechnet werden.

Freiheit der Seefahrt heißt für die USA in erster Linie freier Fluss der Energie – Öl und Gas – aus dem Nahen Osten in die Welt. Um ihre zentralen Interessen zu schützen, seien die USA bereit, alle Machtmittel einzusetzen, einschließlich ihrer militärischen Gewalt. So zitiert die linke US-Zeitschrift „The Nation“ aus einer Rede des ehemaligen US-Präsidenten Obama vor den UN im Jahr 2013.

Und die Kontrolle über den Fluss der Energie ist eines der zentralen Interessen der USA. Die US-Regierung strebt mittlerweile eine internationale Militärkoalition an, um Schiffe im Golf von Oman zu schützen und die Freiheit der Seefahrt zu garantieren.

Ein Gesetzentwurf im US-Kongress – er erhielt bereits eine Mehrheit im Repräsentantenhaus – will Trump daran hindern, auf eigene Faust einen Krieg gegen den Iran loszutreten. Doch dabei geht es weniger um die Kriegsmüdigkeit des Landes als um die Machtverteilung zwischen Präsident und Kongress.

Die europäischen Unterzeichnerstaaten stehen nach wie vor zum Atomabkommen – doch nur, wenn der Iran allen seinen Verpflichtungen nachkomme. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Abkommen durch die EU sind bisher nicht zu sehen.

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"Freiheit für wen?", UZ vom 19. Juli 2019



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