Solidaritätsgruß von der Fabrikkommission des Mercedeswerkes in Sao Bernardo in Brasilien
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Arbeiterkomitee bei Mercedes-Benz hat als eines seiner Prinzipien die Internationalisierung des Kampfes von Mercedes-Mitarbeitern in allen ihren Werken und betreibt durch internationale Solidarität die kompromisslose Verteidigung der Rechte der Arbeiterklasse. Durch diesen Brief möchten wir unsere uneingeschränkte Solidarität für euren Kampf in den Tarifverhandlungen 2017 aussprechen.
Die Forderungen für eine Lohnerhöhung von sechs Prozent, selbstbestimmte Arbeitszeit mit einer teilweisen Arbeitszeitverkürzung auf 28 Stunden mit Lohnausgleich finden wir gerecht.
Obwohl wir uns in Brasilien in einer heiklen Situation befinden mit wiederholten Angriffen auf die Demokratie und die Arbeiter wegen der kürzlichen Arbeitsrechtsreform viele Rechte verloren haben, glauben wir, dass gerade jetzt ein wichtiger Moment ist, einig im Kampf zu sein und gemeinsam zu kämpfen.
Deswegen wünschen wir euch viel Erfolg bei den Tarifverhandlungen. Wir, Metallarbeiter und Gewerkschaftsführer von Mercedes-Benz, befürworten eure Kämpfe und unterstützen Euch voll und ganz.
Die Arbeiterklasse ist international!
In Solidarität,
Maicon Michel Vasconcelos, Koordinator Mercedes Benz Netzwerk
Am 14. Dezember fand in Baden-Württemberg die zweite Verhandlung zur Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie statt. Es geht um eine Forderung für sechs Prozent mehr sowie einen individuellen Anspruch auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden mit Teilentgeltausgleich. Rund 5 000 Metallerinnen und Metaller haben mit Demozug und Kundgebung lautstark die Verhandlung in Ludwigsburg unterstützt.
Nach nur zwei Stunden war diese zweite Verhandlungsrunde auch schon wieder vorbei. Das Angebot von Südwestmetall: 200 Euro Einmalzahlung und eine Entgelterhöhung um zwei Prozent mit einer Gesamtlaufzeit von 15 Monaten – vorausgesetzt, die Flexibilisierungswünsche der Arbeitgeber sowie eine Arbeitszeitausweitung werden erfüllt. Dieses Angebot ist eine Frechheit, denn es kontert die eh schon bescheidene Forderung auf individuelle Arbeitszeitverkürzung mit Verlängerung und Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Da braucht es einen entschlossenen Kampf, um Südwestmetall Besseres abzutrotzen. Dafür muss die erste Warnstreikwelle genutzt werden, die es ab 8. Januar geben wird ebenso wie die weiteren Verhandlungen am 11. und 24. Januar.
Die zahlreichen selbstgemalten Transparente und Schilder zeigten, dass die Kolleginnen und Kollegen die Schnauze voll haben vom Stress und ihre Gesundheit nicht weiter ruinieren wollen. Die Gewerkschaftsfrauen aus Stuttgart trugen mehrere Schilder mit dem Slogan aus dem Streik 1984 für die 35-Stundenwoche: „Mehr Zeit zum Leben, Lieben, Lachen, Lernen“ und die 28-Stundenwochen-Sonne und unterstrichen dies mit Trommelwirbel und Sprechchören. Der Kampf damals steht für die kollektive Verkürzung der Arbeitszeit mit Entgeltausgleich und war damit wesentlich grundlegender als die Forderung jetzt für einen individuellen Anspruch, der auch noch selbst bezahlt werden muss.
Schön war, dass es neben zahlreichen betrieblichen Redebeiträgen auch zwei Solidaritätsbeiträge gab. Der erste war ein sehr erfrischender Beitrag einer Krankenpflegerin aus dem Klinikum Ludwigsburg. Sie berichtete von den Auseinandersetzungen um mehr Personal an den Krankenhäusern und erwähnte die Streiks an den Unikliniken in Freiburg und Tübingen, die am Vortag stattgefunden hatten. „Wir beschreiten neue Wege – wir streiken für mehr Personal. Ihr für mehr Zeit!“ Sie bedankte sich für die Solidarität und Unterstützung sowie die zahlreichen Unterschriften aus Metallbetrieben wie Daimler Untertürkheim und Sindelfingen für den baden-württembergischen Appell für mehr Krankenhauspersonal. „Ihr habt uns gezeigt, dass wir mit unserer Forderung nach mehr Personal an den Krankenhäusern nicht alleine stehen. Ihr seid der gesellschaftliche Rückhalt, den wir brauchen.“ Es ist gut, dass es dem Stuttgarter Bündnis für mehr Krankenhauspersonal gelungen ist, diese zwei Tarifrunden durch diesen Beitrag zu verbinden und branchenübergreifende Solidarität zu zeigen.
Auch ein Solidaritätsgruß aus dem fernen Brasilien erreichte die Kundgebung. Seit vielen Jahrzehnten arbeiten linke Daimler-Betriebsräte mit der Fabrikkommission des Mercedeswerkes in Sao Bernardo in Brasilien und der brasilianischen Metallgewerkschaft CUT zusammen, tauschen sich aus und solidarisieren sich immer wieder bei ihren unterschiedlichen Kämpfen.