Unter dem Motto „Wir lassen uns nicht kaputt sparen – feministisch kämpfen jetzt!“ haben am Internationalen Frauentag in Stuttgart 4.000 bis 5.000 Menschen demonstriert. Das dritte Jahr in Folge war der Frauentag auch Streiktag. In diesem Jahr streikten Beschäftigte des Groß- und Einzelhandels für höhere Löhne und Beschäftigte der Kommunen der Landkreise Ludwigsburg, Rems-Murr und Böblingen für die Verlängerung des Tarifvertrags zur Altersteilzeit. Das Aktionsbündnis 8. März hatte zusammen mit ver.di und vielen Frauengruppen zur Kundgebung und Demonstration aufgerufen.
Die ehemalige Betriebsratsvorsitzende von Galeria Karstadt Kaufhof in Stuttgart-Mitte kritisierte die Schließung ihres Warenhauses, aber auch die Einschränkungen des Streikrechts. Das Aktionsbündnis 8. März thematisierte den zunehmenden Rechtsruck in der Gesellschaft und verurteilte rechtspopulistische Politik, die Migranten und Geflüchtete zu Sündenböcken macht und Frauen zunehmend zurück in die Rolle der Hausfrau und Mutter drängen will. Wie feministische Bewegungen zu echten Oppositionsbewegungen gegen patriarchale Strukturen werden können, wurde in der Rede zu Südamerika, insbesondere Chile, deutlich.
Während der Demonstration fanden zwei Aktionen statt. Bei der ersten Aktion vor Galeria Karstadt Kaufhof wurde die Enteignung von René Benko gefordert, dem milliardenschweren Besitzer des Unternehmens. Obwohl die Täuschung von Investoren und Spekulationen des Inhabers Benkos zu der Insolvenz geführt haben, trägt nicht er, sondern die Kolleginnen und Kollegen von Galeria Karstadt Kaufhof die Konsequenzen. Während Benko Luxusurlaub macht, stehen alleine in Stuttgart 17 Frauen nach ihrer Entlassung vor dem Nichts.
Mit der zweiten Aktion wurde das Stuttgarter Stadtbild feministischer gemacht: Statt riesigen Bürogebäuden und Luxusläden wurden auf lila Aufklebern Mehrgenerationenhäuser, Kitas, Frauenhäuser und Gemeinschaftsküchen im Stadtzentrum gefordert. „Hier könnte eine Kita stehen – Daseinsfürsorge für Menschen – nicht für Profite!“ hieß es etwa auf den Aufklebern.
Bei der Abschlusskundgebung gab es eine ergreifende Rede einer Beschäftigten aus dem kommunalen Dienst Ludwigsburg. Sie stellte eindrücklich dar, was die Belastung durch bezahlte und unbezahlte Sorgearbeit für Frauen, Mütter und Großmütter bedeutet. Zwei Frauen von Kitastrophe, einer Initiative von Eltern und Kita-Beschäftigten aus Stuttgart und Umgebung, thematisierten in ihrer Rede, wie alleinerziehende Mütter durch den Mangel an Kitaplätzen im Stich gelassen und Beschäftigte an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht werden. Sie forderten eine bessere öffentliche Kinderbetreuung. Ihre Kritik: Durch aktuell beschlossene Maßnahmen wie kürzere Öffnungszeiten, 30 Prozent weniger Ganztagsplätze und Erweiterung der Gruppengrößen wird der aktuelle Missstand weiter verschärft.
Die letzte Rede dieses kämpferischen und bunten Frauentags hielt Julia, Vorständin des Vereins Wildwasser Esslingen, die sich durch ihre feministische Arbeit seit vielen Jahren für Prävention und Bekämpfung sexualisierter Gewalt einsetzt. Sie machte deutlich, dass in der Geschichte der Frauenbewegung Errungenschaften wie das Wahlrecht oder Unterstützungsstrukturen für von Gewalt betroffene Frauen mühsam erkämpft wurden. Sie machte aber auch klar, dass diese Errungenschaften nicht genug sind und der Kampf weitergehen muss.
Beim gemeinsamen Ausklang im Gewerkschaftshaus, veranstaltet vom ver.di-Bezirksfrauenrat, wurde die erfolgreiche Demo gefeiert.
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