„Der Mob hat keine Legitimität gegenüber dem Volk, das sich durch seine gewählten Vertreter ausdrückt.“ Seit Sonnenkönig Emmanuel Macron diesen Satz am Dienstag vergangener Woche vor Abgeordneten seiner Fraktion zum Besten gab, brennt Frankreich. Das ist zum Teil sogar wörtlich zu verstehen: 903 Feuer hätten Demonstranten am Aktionstag am 23. März alleine in Paris entfacht, echauffierte sich Innenminister Gérald Darmanin. In sozialen Medien geteilte Videos zeigen, dass sich Feuerwehrleute spontan mit den Streikenden solidarisierten und Bengalos schwenkten, statt brennende Müllberge zu löschen.
Macrons Äußerungen hätten das Gegenteil dessen erreicht, was er damit beabsichtigt habe, erklärte der Gewerkschaftsverband CGT: „Sie gibt den Beschäftigten, Jugendlichen und Rentnern noch mehr Energie und selbst diejenigen, die bisher nicht auf die Straße gegangen sind, werden es jetzt tun!“ 3,5 Millionen Menschen beteiligten sich am 9. Aktionstag gegen Macrons „Rentenreform“ an 262 Demonstrationen und Streikaktionen in ganz Frankreich. Die Polizei ging mit brutaler Gewalt gegen die Streikenden vor: Prügelorgien, Tränengas, hunderte Festnahmen alleine in Paris. Dutzende Menschen wurden verletzt, einige schwer. Die CGT versicherte, dass „nichts die Entschlossenheit der Streikenden mindern wird“. Die zynische und rückwärtsgewandte „Rentenreform“ werde nicht im Schloss von Versailles außer Kraft gesetzt, sondern auf der Straße und im Streik, in den Unternehmen und im öffentlichen Dienst.
Einen symbolischen Erfolg dürfen sich die Streikenden schon auf die Fahnen schreiben: Nach ihrem Versprechen, auch den Besuch von König Charles III. zu bestreiken, sagte Macron dessen Staatsbesuch kurzfristig ab. Der nächste landesweite, von allen Gewerkschaftsverbänden getragene Aktionstag ist für den 28. März angekündigt. Er reicht in den Redaktionsschluss dieser Ausgabe hinein.