Die 28-Stunden-Woche „für alle“ mit „Rückkehrrecht zur „35“ hat wie Anne Rieger schreibt, nichts mit realer Arbeitszeitverkürzung zu tun. Sie ist aus meiner Sicht vielmehr die Krücke, die sich die IGM-Spitze drechselt, um einer Auseinandersetzung dem Weg zu gehen. In diesem Sinne hatte der IGM-Vorstand bereits beim Gewerkschaftstag im Oktober 2015 entsprechende Forderungen um vier Jahre, auf Herbst 2019, verschoben. Mit seinem Antrag „Neue Arbeitszeitpolitik“ ließ er beschließen: „Bis zum nächsten Gewerkschaftstag sind Arbeitszeitfragen zentrale tarifpolitische Themen für die Metall- und Elektroindustrie und alle weiteren Branchen. Welche Konfliktthemen sich ergeben, wird nach der Wahrnehmung der Gesprächsverpflichtung zwischen Gesamtmetall und IG Metall deutlich werden.“
Über „Konfliktthemen“ mit dem Kapital müssen wir nicht vier Jahre diskutieren und noch weniger den größten Kapitalverband „Gesamtmetall“ im Elektro- und Metallbereich danach befragen. Die Entwicklung der Arbeitszeit – seit Jahren etwa 41 bis 42 Arbeitsstunden in der Woche, eine Milliarde unbezahlter Überstunden – ist bekannt. Gleiches gilt für die Angriffe des Kapitals auf den gesetzlichen Achtstundentag. Die Antwort aus den Gewerkschaften darauf ist längst überfällig. Das wäre bzw. ist die Forderung nach gesetzlicher Arbeitszeitverkürzung, der 35- oder auch 28-Stunden-Woche, die für alle Lohnabhängigen gilt. Es ist klar, eine solche Forderung lässt sich nur durch das Organisieren der entsprechenden Diskussion in den Gewerkschaften und in den Betrieben durchsetzen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass sich die Belegschaften wieder auf ihre eigene Stärke besinnen und ebenso die Gewerkschaften, Vorstände und hunderte Sekretärinnen und Sekretäre als notwendiges „Gegengewicht“ für diese Auseinandersetzung mobilisieren. Das ist nicht leicht aber keine Frage des Könnens, sondern des politischen Wollens.