Über eine Reform des UN-Sicherheitsrates

Frage der Legitimität

Der russische Außenminister Lawrow drängt auf eine Reform des UN-Sicherheitsrates (UNSC) durch die Aufnahme von bevölkerungsreichen Staaten wie Indien, Brasilien und Südafrika. Initiativen für eine Reform des UNSC gibt es seit langem. Auch von deutscher oder japanischer Seite. Die Frage ist daher, in welche Richtung der UNSC verändert, welche Stimmen zu Gehör gebracht, welcher geopolitische Inhalt wirksam gemacht werden soll. Es steht außer Frage, dass eine Aufnahme von Deutschland und Japan das undemokratische Übergewicht der G7-Staaten weiter erhöhen würde.

Die Zusammensetzung des Sicherheitsrats reflektiert die politisch-ökonomische Situation am Ende des Zweiten Weltkrieges. Seine mit Veto-Macht ausgestatteten fünf ständigen Mitglieder (P5) sind die Siegermächte des Krieges. Die USA standen 1945 für nahezu die Hälfte der globalen Wirtschaftskraft und wollten die UNO als eine große internationale Staatengemeinschaft konzipieren, die ihren aggressiven Weltmachtplänen das PR-Image eines Wunsches der „Völkergemeinschaft“ zu verleihen in der Lage war und ist. Einzige Änderung: 1971 stimmte der US-geführte Westen der Aufnahme der VR China in den UNSC an Stelle der bis dato gehätschelten taiwanesischen Separatisten zu, um Peking weiter in Frontstellung zu Moskau und in eine De-facto-Allianz mit Washington zu bringen. Auch die Erhöhung der Zahl der nichtständigen Mitglieder auf zehn veränderte das Kräfteverhältnis nicht. Das Übergewicht der Staaten, wie Lawrow es ausdrückt, welche die Befehle der USA gehorsam ausführen, ist geblieben.

Wie das massive Interesse an den BRICS erkennen lässt, hat sich die Welt dramatisch verändert. Wenn der UN-Sicherheitsrat weiter die Legitimität beanspruchen will, Dinge von globaler Bedeutung, Fragen von Krieg und Frieden zu entscheiden, muss er in seiner Zusammensetzung diese neue, veränderte Welt, die sich herausbildende Multipolarität repräsentieren. Die Aufnahme von Deutschland und Japan wäre das Gegenteil.

Mit den Vorschlägen Lawrows hingegen könnte in der Tat ein Stück mehr Demokratie in UNO und UNSC einziehen. Die Washington dominierenden US-Neokonservativen, die von einem „Neuen Amerikanischen Jahrhundert“ träumen, dürften einer diplomatischen Teilentmachtung allerdings kaum zustimmen wollen.

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"Frage der Legitimität", UZ vom 8. September 2023



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