Es ist gut, dass die UZ über die Misere der sogenannten Altanschließer endlich berichtet. Aber der Artikel kann so nicht stehen bleiben, wenn er nur einige juristische Aspekte des Sachverhalts darstellt. Dimension und Brisanz des unglaublichen Skandals bleiben daher unausgesprochen:
Über 100 000 Menschen im Bundesland Brandenburg sind von dem Skandal betroffen, nicht nur DDR-Altanschliesser. Auch alle diejenigen, die nach 1990 ihre Grundstücke an das Abwassernetz angeschlossen haben, wurden nachträglich, eineinhalb Jahrzehnte später rückwirkend für neue, oft überdimensionierte Klärwerke und Überlandleitungen mit zusätzlichen Beitragsbescheiden überzogen. Diese rechtswidrige Praxis war gewollt, um die finanziellen Folgen eigenen Versagens auf die Bürger abzuwälzen. Landesregierung und Landtag haben diese Praxis über ein eigens dazu „vervollkommnetes“ Landesgesetz ermöglicht. Die SPD-geführte Landesregierung verweist die Betroffenen nun auf die Gerichte und die Kommunen. Die Regierungspartei Die Linke, die in der Opposition noch eine kritische Haltung eingenommen hatte und jetzt den Finanzminister stellt, ist nun wohl auch diesbezüglich völlig koalitionskonform. Hilfe haben die Betroffenen also schwerlich zu erwarten. Im Ergebnis ist festzuhalten: Vertrauensschutz der einmal ergangenen Bescheide, die gesetzliche Verjährungsfrist und das Rückwirkungsverbot sollen dann keine Geltung haben, wenn es darum geht, staatliches Versagen zum Nachteil der kleinen Leute zu kaschieren. Die kleinen Leute über den Tisch zu ziehen, ist durchaus gerechtfertigt, wenn es nur rechtsstaatlich scheint.
Wie strahlt doch dagegen das staatliche Verhalten im Falle der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der als rechtswidrig bewerteten Brennelementesteuer. Kaum war die Entscheidung gefallen, eine Steuerrückerstattung von wohl 6,3 Mrd. Euro vorzunehmen, ließ das Bundesfinanzministerium verlauten, die Rückzahlung werde selbstverständlich zeitnah erfolgen.