Mit deutschen Waffen starten enge arabische Verbündete der Bundesrepublik eine mörderische Offensive auf die Hauptstadt des Jemen. Saudi-Arabien führt seit knapp einem halben Jahr in dem Land Krieg, um die Huthi-Rebellen aus Sanaa zu vertreiben, die als Parteigänger Irans gelten.
Man müsse den Jemen „vom (schiitischen) Abschaum reinigen“, wird der an Riads Seite kämpfende Kronprinz von Abu Dhabi, Muhammad bin Zayid al Nahyan, zitiert. Inzwischen sind neben 1 000 saudischen und 3 000 emiratischen Soldaten auch 1 000 qatarische und 600 bis 800 ägyptische Militärs im Jemen stationiert. Beobachter werfen Riads sunnitischer Kriegskoalition eine äußerst brutale Kriegführung vor. Bereits vor der bevorstehenden Bodenoffensive auf Sanaa seien in der Stadt immer wieder dicht besiedelte Wohngebiete bombardiert worden, wird berichtet; zudem heißt es, in Saada, dem Zentrum der Huthis, „steht kaum noch ein Haus“. Wegen einer Blockade durch Saudi-Arabien kommen nicht genügend Hilfstransporte ins Land; mehr als ein Viertel der Bevölkerung leidet inzwischen akut Hunger.
Saudi-Arabiens Streitkräfte nutzen dabei deutsche Waffen; ihre Verbündeten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Qatar, sind ebenfalls von deutschen Rüstungsfirmen ausgestattet worden. Die Luftstreitkräfte der drei Golfdiktaturen haben zudem gemeinsam mit der Bundeswehr den Luftkrieg trainiert und sich dabei Fähigkeiten angeeignet, die sie jetzt bei ihren Attacken auf Sanaa anwenden können.
Dabei treiben die Angriffe der Kriegskoalition zahllose Menschen auf die Flucht. Von den rund 26 Millionen Einwohnern des Jemen hatten laut Angaben der UN-Flüchtlingshilfe schon Ende August fast 1,5 Millionen ihren Heimatort verlassen müssen. Mehr als 100 000 waren bereits ins Ausland geflohen, ein Ende der Massenflucht ist nicht in Sicht.
Bislang kommen kaum Flüchtlinge aus dem Jemen nach Europa. Der Fluchtweg über das Meer führt in die Wüste von Djibouti und in das verwüstete Somalia, bietet den Flüchtlingen also kaum eine Perspektive. Der Weg nach Saudi-Arabien ist dagegen von einer hochgerüsteten Grenze versperrt. Die Technologie, mit der die Flüchtlingsströme unter Kontrolle gehalten werden sollen, kommt unter anderem aus Deutschland.
Die deutsch-französische EADS – heute „Airbus Defence and Space“ – hatte 2009 den Auftrag zur Abschottung der saudischen Grenze erhalten. Der Bau eines „Grenzzauns“ zum Jemen war damals bereits abgeschlossen, die Anlage sollte um modernste Kontrolltechnologie ergänzt werden. Für EADS/„Airbus Defence and Space“ handelt es sich um ein Milliardengeschäft. Der Konzern profitiert zudem davon, dass die deutsche Bundespolizei, logistisch unterstützt von der deutschen Entwicklungsorganisation GIZ, saudisches Grenzpersonal fortbildet; die Trainingsmaßnahmen, die zuletzt im Mai und im Juni durchgeführt wurden, sollen in diesem Monat fortgesetzt werden. Die effiziente Abschottung trägt dazu bei, die Kriegsflüchtlinge im Jemen fest- und sie von Europa fernzuhalten – und sie erleichtert es damit Berlin, frei vom Druck durch eine weitere Fluchtbewegung die Rüstungslieferungen an seine arabischen Verbündeten fortzusetzen.