Björn Blach hat das „TV-Duell“ nicht gesehen

Flucht und Schmarotzer

Wenn sie uns nicht die Zukunft versauen würden und wir sie dafür auch noch bezahlen müssen, man könnte Mitleid mit Olaf Scholz und Friedrich Merz haben. Sie müssen vorgaukeln, ein Kreuzchen mache einen großen Unterschied. Ihre Politik unterscheidet sich allenfalls in Nuancen, weil sie die Sachwalter der Banken und Konzerne sind.

Zwölf Millionen Menschen haben beim „TV-Duell“ vor den Fernsehern 90 Minuten Lebenszeit verschwendet. Vor allem ging es wieder um das Thema Migration und ob man mit „denen da“ von der AfD stimmen dürfe. Wie froh müssen die linke und die rechte Tennissocke der Politlangeweile doch sein, dass Menschen nach Deutschland flüchten.

Damit das so bleibt, sind sie sich beim Thema Kriege einig: Die müssen weitergehen. Würde man nur den Krieg in der Ukraine beenden, könnten über eine Million Menschen in ihre Heimat zurückkehren. Die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland wäre auf einen Schlag um ein Drittel verringert. Aber Fluchtursachen zu bekämpfen könnte zu Lasten der Profite gehen. Dann doch lieber Geflüchtete bekämpfen.

Das hat seit der Einverleibung der DDR Tradition: Um die Folgen der Ausbeutungs- und Kriegspolitik sollen sich andere kümmern. Nützlich sind die Flüchtlinge immer dann, wenn es von etwas abzulenken gilt: Im Dezember 1992 schafften CDU und SPD das Grundrecht auf Asyl ab. Vorausgegangen war die von der alten BRD mitbetriebene Zerstörung der sozialistischen Staaten, insbesondere das Anheizen der Kriege im damaligen Jugoslawien. Genutzt hat es, um vom Ausverkauf der DDR an die Banken und Konzerne abzulenken.

Zehn Jahre später wurde von der SPD-Grünen-Bundesregierung mit dem Dublin-II-Verfahren dafür gesorgt, dass in Deutschland nur noch Schutz suchen kann, wer per fliegendem Teppich hergekommen ist. Alle, die über den Landweg kommen, müssen dies in einem anderen Land der EU tun. In der Folge erreichten die Flüchtlingszahlen 2008 einen Tiefststand.

Neue Kriege – mehr Fluchtursachen. Die nun geplanten „Zurückweisungen“ an den Grenzen sind genauso wenig Lösung wie das Verschieben des Problems in Folge von Dublin II.

Die Verhinderung von Flucht durch die Bekämpfung der Ursachen muss Vorrang haben. Die Wiedereinführung des Grundrechts auf Asyl gebieten die Menschlichkeit und unsere Geschichte.

Merz, Scholz und Co. brauchen wir dann als Politiker allerdings nicht mehr. Aber was könnten sie Sinnvolles tun?

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"Flucht und Schmarotzer", UZ vom 14. Februar 2025



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