Während weit über hunderttausend Menschen vor der türkischen Aggression aus Afrin flüchteten, fliehen auch zehntausende aus Ghouta im Osten von Damaskus. Aber die Vorzeichen sind hier vollkommen anders. Nachdem das Gebiet jahrelang unter der Herrschaft von Dschihadisten stand, ist die syrische Offensive in Ghouta erfolgreich. Zivilisten fliehen über die eingerichteten Korridore zu den Notaufnahmelagern der Regierung. Waren es zu Beginn fast nur Frauen und Kinder, sind es mittlerweile auch Männer im wehrfähigen Alter.
Die Flucht erfolgt fast ausschließlich zu Fuß, nur mit dem Nötigsten versehen, zum Teil über Straßen, zum Teil abenteuerlich durch Hausruinen und an Sandsackbarrieren entlang. An den Sammelpunkten werden die Menschen gut organisiert mit Bussen abgeholt. Die Notaufnahmelager bieten die nötige Grundversorgung, darunter auch Schulunterricht. Sie sind aber, wie man im syrischen Fernsehen sah, oft bis an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit belegt – oder auch darüber hinaus.
Zu den Begleiterscheinungen dieses Krieges gehört, dass internationale Einrichtungen nach humanitärer Hilfe rufen, solange die Dschihadisten die Kontrolle haben. Die Versorgung der Flüchtlinge auf Gebieten unter Kontrolle der Regierung aber findet außer durch Russland und den Iran kaum internationale Hilfe.
Offiziell war Ghouta eine der Deeskalationszonen, die zwischen Russland, der Türkei und dem Iran vereinbart waren. Doch wurden von hier immer wieder Angriffe mit Granaten und Raketen auf Damaskus lanciert. Die Zusammenarbeit zwischen „gemäßigten“ bewaffneten Gruppen und den Terroristen des IS und von Al-Nusra war eng. Wie in Aleppo erfolgt eine Trennung verhandlungsbereiter Gruppen von den Terroristen von Al-Nusra und dem IS erst durch massiven militärischen Druck.
Die Armee hat weitgehend die Kontrolle über die landwirtschaftlichen Gebiete übernommen, in den bewohnten Zentren beginnen gemäßigte und verhandlungsbereite Gruppen sich von den Hardlinern zu distanzieren.
Viele der Flüchtenden hoffen, dass die bewaffneten Gruppen freiwillig die Ortschaften verlassen und sie bald zurückkehren können. Doch droht noch ein langer Kampf um jeden Stadtteil. Vor allem die ausländischen Dschihadisten werden ihre Stützpunkte nicht freiwillig verlassen.