Mitte September wurde im griechischen Ort Viannos auf Kreta an die Opfer der faschistischen Besatzung erinnert. Als Vergeltung für angebliche Partisanenübergriffe wurden von der Deutschen Wehrmacht über 400 Zivilisten, Frauen, Kinder und Jugendliche sowie ältere Männer ermordet. Bei diesem Gedenken, das von den Verbänden der ehemaligen Angehörigen, den Kommunen und staatlichen Vertretern der Regionen gemeinsam organisiert wurde, wurde erneut daran erinnert, dass nicht nur die Opfer zu betrauern sind, sondern dass die Angehörigen und ihre Nachfahren bis heute auf eine angemessene Kompensation dieser Verbrechen warten.
In einer Grußbotschaft betonte die FIR, mit Blick auf die faschistischen Verbrechen und die Leistung der griechischen Menschen im antifaschistischen Widerstandskampf sei es einfach nur skandalös, wie mit den berechtigten Forderungen der Angehörigen, der Nachkommen und des ganzen Landes hinsichtlich der Kompensation der griechischen Ansprüche umgegangen wird. Die FIR wiederholte, was sie schon anlässlich des Besuches der deutschen Außenministerin Baerbock im Sommer 2022 erklärt hatte. Es dürfe nicht sein, dass die deutsche Regierung öffentlich medienwirksame „Gedenkrituale“ absolvierte, jedoch die notwendigen politischen Konsequenzen verweigert. Deshalb unterstützen die FIR und ihre Mitgliedsverbände weiterhin das politische Anliegen der griechischen Überlebenden-Verbände auf eine angemessene Kompensation und Restitution des geraubten griechischen Eigentums.
Auch die polnische Regierung hat anlässlich des 1. Septembers, des Jahrestages des deutschen Überfalls auf Polen 1939, Reparationsforderung gegenüber Deutschland vorgelegt. Die Summe von 1,3 Billionen Euro ist exorbitant. Sicherlich gibt es über die Berechnungsgrundlagen verschiedene Anmerkungen. Auch kann natürlich nicht vergessen werden, dass seitens der verschiedenen polnischen Regierungen – zuerst gegenüber der DDR, später im Zusammenhang mit dem Zwei-plus-vier-Vertrag – Fragen der Kompensationen anders beantwortet wurden. Von daher ist diese Reparationsforderung auch eher als symbolische Geste verstehen, die einen Dialog zwischen Deutschland und Polen zu diesem Thema eröffnen soll.
Dazu scheint Deutschland jedoch in keiner Weise bereit zu sein. Bezeichnend ist, wie Regierung und mediale Öffentlichkeit darauf reagierten.
Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock wiesen alle Forderungen pauschal zurück. Dieses Thema sei völkerrechtlich abschließend geregelt, hieß es.
Auch die Medien agierten im Sinne der Bundesregierung. Die Berechnung der Reparationen wurde als „Unsinn“ abqualifiziert oder als „Stimmungsmache vor der Wahl“. Die als „alternativ“ geltende „Tageszeitung“ erklärte sogar, „der richtige Adressat für Polens Forderungen wäre Russland gewesen“. Hat etwa die UdSSR Polen am 1. September 1939 überfallen? Nicht Reparationen, sondern Forderungen von individuellen Kriegsopfern seien angemessen. Die Journalisten „vergessen“, dass sich gegenüber den griechischen Kriegsopfern die deutsche Regierung durch ein europäisches Gericht von der „Staatshaftung“ hat freistellen lassen.
Wenn also Staaten von Deutschland Reparationen fordern, ist das politisch unzulässig. Wenn Kriegsopfer von Deutschland Entschädigungen einfordern, ist das juristisch unmöglich. Es bleibt also dabei, dass die deutschen Regierungen sich jeglicher Lösung der Reparation und Entschädigungsfrage verweigern.
Die FIR tritt auch deshalb für eine ernsthafte Behandlung der Kompensationsforderungen und ihrer Grundlagen ein, weil es aus unserer Überzeugung enorm wichtig ist, trotz zunehmenden historischen Abstands die tatsächlichen Taten der faschistischen Barbarei nicht zu vergessen.
Nur so sind wir in der Lage, den heutigen Generationen anschaulich und unmittelbar zu vermitteln, warum der politische Kampf heute nicht nur um die Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten, um soziale Gerechtigkeit und Schutz der Lebensgrundlagen geführt werden kann, sondern auch gegen den Vormarsch extrem rechter Kräfte und Parteien in verschiedenen Ländern Europas.