Zu „Die Polizei mordet, die Justiz ­ermuntert“, UZ vom 20. Dezember

Finaler Rettungsschuss?

Wolfgang Schmetterer, per E-Mail

Zwölf mit der Situation offensichtlich völlig überforderte Polizeibeamte werden zu einem Einsatz gerufen, der mit einem (Polizei-)Psychologen und einem Dolmetscher wahrscheinlich unblutig hätte beendet werden können, und begehen in der Folge ihres eskalierenden Handelns einen „Totschlag“, der nach juristischer Vergeltung schreit. Heraus kommt am Ende ein Urteil – ein Justizskandal –, in dem das gesunde Rechtsempfinden nachhaltig auf den Kopf gestellt wird. Es ist schwer nachvollziehbar, dass es einer Überzahl von zwölf Polizeibeamten tatsächlich nicht gelingt, einen Menschen, der sich auf sie „zubewegt“, anders zu überwältigen als durch tödlichen Schusswaffengebrauch. Selbst wenn tatsächlich eine Notwehrsituation vorgelegen hätte: Hätte im äußersten Fall ein Schuss in die Beine nicht gereicht, um den „Angreifer“ zu stoppen? Vollends fassungslos macht einen der Versuch von Thorsten H., sich mit der Behauptung, er habe „unverzüglich handeln müssen, weil Dramé sich jederzeit das Messer habe in den Bauch rammen können“, aus der Affäre zu ziehen. Auch wenn dem die Staatsanwaltschaft widersprochen hat: Diese verquere, ja absurde Logik kann nur jemand haben, der offensichtlich folgenlos durch sämtliche Lücken eines wie auch immer gearteten polizeilichen Qualitätsmanagements in der Aus- beziehungsweise Weiterbildung gerutscht ist. Übersetzt heißt das in etwa: Wenn jemand in suizidaler Absicht am Rande eines Abgrunds steht, dann schubst man ihn am besten hinein – um sein Leben zu retten, warum sonst?! Die der Eskalation von polizeilicher Seite folgende „Hinrichtung“ Dramés ist aus dieser Perspektive wohl eine zynische Neudefinition des finalen Rettungsschusses.

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"Finaler Rettungsschuss?", UZ vom 17. Januar 2025



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