Im Verfahren der Fifa-Ethikkommission gegen Wolfgang Niersbach wurde am 20. Mai eine zweijährige Sperre für den früheren DFB-Präsidenten beantragt. Die Vorwürfe gegen Niersbach, die am letzten Freitag bekannt gemacht wurden, streitet der nicht ab, will sich gegen die Sperre und eine Strafzahlung von 30 000 Franken aber wehren. Unser Autor Klaus Huhn erinnert daran um welche Verfehlungen es eigentlich geht:
Ich zauderte, ob ich dem Leser mitteilen sollte, dass ich vor Jahr und Tag auf der Pressetribüne einer Welt- oder Europameisterschaft oft nur eine Reihe über oder unter ihm gesessen und er mich sogar gegrüßt hatte, obwohl ich ein „Ossi“ war und viele seiner Kollegen uns keines Blickes würdigten. Er nicht. Ich meine Wolfgang Niersbach, den Eben-noch-Präsidenten des größten deutschen Sportverbands, nämlich des DFB, also des Deutschen Fußballbundes. Niersbach machte Karriere und wechselte den Platz auf der Pressetribüne mit einem Sessel in den Ehrenlogen. Seitdem waren wir uns nicht mehr begegnet. Nun las ich, dass er im Monat 22 277 Euro verdiente und noch eine weitere Summe kassiert hatte, über die die Öffentlichkeit nichts erfuhr. Eines Tages war er Pressechef des DFB geworden, dann Generalsekretär, schließlich sogar Präsident – und kassierte.
Allerdings kassierte er nicht nur Fabelsummen im Vergleich zu meiner Rente, sondern soll auch dem und jenem enorme Summen gezahlt haben. Der „Focus“ (19.11.2012) meldete jedenfalls: „Theo Zwanziger, Ex-Präsident des DFB, wirft brisante Finanzfragen auf über die Einkünfte seines Nachfolgers Wolfgang Niersbach. (…) Eine Passage bietet Zündstoff. Auf 42 Zeilen rapportiert der Ex-DFB-Boss die Umstände der Inthronisation seines Nachfolgers Wolfgang Niersbach. Dabei wirft er die Frage auf, ob der ehemalige DFB-Generalsekretär auf seinem neuen Posten ehrenamtlich arbeite (wie laut Satzung vorgeschrieben) oder etwa weiterhin ein hohes Jahreseinkommen erziele (wie während seiner hauptamtlichen Tätigkeit). Ein ehrenamtlicher DFB-Präsident soll eine Aufwandsentschädigung von jährlich 70 000 bis 80 000 Euro im Jahr erhalten – ein DFB-Generalsekretär hingegen etwa 350 000 Euro verdienen.“ Niersbach und der DFB selbst verweigern umfassende Auskunft zu den Einkünften des Präsidenten. Alle dezidierten Anfragen von „Focus“, ob Niersbach über seine neuen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der DFB-Medien-, der DFB-Wirtschaftsdienste, der DFB-Medien-Verwaltungs-GmbH oder andere Einkunftsquellen heute so vergütet werde, dass er ein ähnliches Einkommen wie früher als Generalsekretär verbuchen könne, blieben ohne konkrete Antwort.“
Allerdings ging es nicht nur um die Bezüge meines „Ex-Kollegen“ sondern laut Spiegel (20.10.2015) um ganz andere Summen: „Er begrüßte die anwesenden Journalisten mit einem lauten ‚Servus’. Nur wenig später aber war es in der DFB-Zentrale in Frankfurt mit dem selbstbewussten Auftreten von Wolfgang Niersbach schon vorbei. Was folgte, war eine historische Pressekonferenz, die eigentlich den Enthüllungen des Spiegel ihren Gehalt nehmen sollte – und stattdessen zu einer 39-minütigen Selbstdemontage wurde.
Es sei viel geschrieben, viel gesprochen worden, sagte Niersbach. Es ist der Beginn eines langen Monologs, einer Ausführung rund um die ungeklärte Zahlung von 6,7 Millionen Euro zwischen dem deutschen WM-Organisationskomitee, dem Fußball-Weltverband Fifa und dem damaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Eine ‚schwarze Kasse‘, so hatte es der Spiegel enthüllt. Aber bei Niersbach geht die Geschichte anders. Die (…) beginnt mit einem Termin in Salzburg. In Salzburg wohnt Franz Beckenbauer, damals Chef des Organisationskomitees (OK) für die WM. Und erst seit dem Termin kenne Niersbach ‚einigermaßen genau diesen ersten Teil, also wie überhaupt der Kontakt zu Robert Louis-Dreyfuss zustande gekommen ist‘.“
Machen wir es kurz: Der DFB hatte einen „Zuschuss“ für die WM 2006 bekommen. Und zwar 6,7 Millionen Euro, über die weiter Unklarheit herrscht. „Laut Niersbach ging die Geschichte dann so weiter: Beckenbauer habe das Geld zunächst aus eigener Tasche zahlen wollen, da das OK noch über keine eigenen Mittel verfügt hätte. Weil Beckenbauers Berater Robert Schwan angeblich davon abriet, habe man sich das Geld dann bei Louis-Dreyfus geliehen. (…) Niersbach, der öfter wiederholte, dass die Vorgänge über zehn Jahre zurücklägen und so seine Erinnerungslücken zu legitimieren versuchte (…) enthüllte die angebliche handschriftliche Notiz Niersbachs auf einem Überweisungsblatt für Dreyfus. ‚Ich kann auch nicht definitiv ausschließen, dass da eine handschriftliche Notiz von mir auf irgendeinem Vorgang war. Aber wenn Sie nach meinem exakten Wissen fragen, dann muss ich passen’.“
Nun hat sich die Internationale Ethikkommission der Sache angenommen, Niersbach mit einer Geldstrafe belegt, ihn zwei Jahre gesperrt, will alle Zahlungen untersuchen und uns bleibt nur, alle Sportfunktionäre zu grüßen, die rund um die Uhr tätig sind und keinen Cent fordern!