In Europa brennt die Hütte – Arbeitskämpfe, in denen es um mehr geht als um magere Prozent, um die Krumen, die von den Tischen der Herrschenden fallen, stehen wieder auf der Tagesordnung. Den Anfang machte Britannien, in dem im „Sommer der Unzufriedenheit“ Arbeiterinnen und Arbeiter aus einer Branche nach der anderen in den Streik traten: Erzieher, Müllwerker, Strafverteidiger, Docker, Postler, Bahner, Universitätsdozenten – sie alle fordern Löhne, die zum Leben auch in der Inflation reichen, und eine Politik, die nicht die Reichen reicher und die Armen ärmer macht.
In Italien verhinderten die in der Unione Sindacale di Base organisierten Arbeiter an Häfen und Flughäfen Waffenlieferungen an die Ukraine, in Rom kamen ein Jahr nach dem faschistischen Angriff auf das dortige Gewerkschaftshaus der CGIL Tausende zusammen und forderten „Italien, Europa, hört auf die Arbeiter!“.
In Belgien folgten auf den Generalstreik am 21. September Aktionstage – an jedem Freitag, weitere Generalstreiktage sind in Planung. In Frankreich sieht sich die Regierung gezwungen, den Streik der Raffineriearbeiter mit Zwangsmaßnahmen zu brechen – nützen tut es ihnen nicht. In Griechenland verteidigt die kämpferische Gewerkschaftsfront PAME Arbeitsplätze und bereitet einen landesweiten Generalstreik für den 9. November vor, in Österreich, Portugal und Spanien wehren sich die Arbeiterinnen und Arbeiter gemeinsam mit ihren Gewerkschaften gegen die Umverteilung von unten nach oben, sagen laut und deutlich: Wir zahlen nicht für eure Krise!
„Die Arbeiterklasse ist zurück“, nannte das Mick Lynch, Generalsekretär der britischen Transportarbeitergewerkschaft „National Union of Rail, Maritime and Transport Workers“ (RMT). Und sie ist so furchtlos wie schon lange nicht mehr. Denn wer im Winter oft noch nicht einmal mehr die Wahl zwischen Hungern oder Frieren hat, sondern angesichts von Inflation und neuen Kriegskrediten beides tun muss, wer trotz Arbeit von Energie- und Lebensmittelarmut betroffen ist, wer von Zwangsräumungen wegen nicht mehr bezahlbarer Nebenkosten bedroht ist, lässt sich nicht mehr von Standortlogik und Sozialpartnerschaft einlullen, sondern kämpft um Löhne, die ein lebenswertes Leben ermöglichen. Und zwar ohne jede Illusion in die Regierungen, die nur mit Alibientlastungen aufwarten. Damit sollten wir auch in diesem Land beginnen. Dann können sich die Herrschenden auch hier auf einen ungemütlichen Winter einstellen.