Die Verbraucherorganisation „foodwatch“ übt aktuell harsche Kritik am Limonadenhersteller Coca- Cola. Die Zuckergetränke von Coca-Cola seien „flüssige Krankmacher“, sagt Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch und Autor des „Coca-Cola-Reports“, den foodwatch in der letzten Woche vorstellte. Natürlich wisse wohl jedes Kind, dass Cola und Limo nicht gesund seien, aber es gehe nicht um ein bisschen zu viel Zucker – schon eine Dose am Tag fördere ernsthafte Krankheiten wie Diabetes. „Die Zuckergetränke-Industrie, allen voran der Weltmarktführer, stellt nicht bloß die Produkte ins Regal und überlässt den Konsumenten die freie Wahl. Coca-Cola torpediert gezielt gesundheitspolitische Initiativen rund um den Globus und versucht mithilfe von Lobbyverbänden, die Gesundheitsgefahren von Zuckergetränken zu verschleiern – mit den gleichen Methoden wie früher die Tabakindustrie“, warnte Huizinga Ende der vergangenen Woche.
Aktuell ist Coca-Cola in Deutschland und weltweit Marktführer im Segment der sogenannten Erfrischungsgetränke. So betrug der Marktanteil im Jahr 2016 in der Bundesrepublik rund 36 Prozent (3,6 Milliarden Liter). Vor allem die Marketing- und Lobbymaßnahmen von Coca-Cola seien unverantwortlich, moniert „foodwatch“. Der Weltmarktführer für Zuckergetränke nehme mit millionenschweren Marketingkampagnen im Internet und im Fernsehen bewusst Kinder und Jugendliche als Zielgruppe ins Visier und versuche gleichzeitig „durch gezielte Lobbyarbeit wirksame Regulierungen wie Werbeverbote oder Sondersteuern zu torpedieren“ und habe „nachweislich versucht, mit gekauften Wissenschaftlern Zweifel an der Schädlichkeit von zuckerhaltigen Getränken zu säen“.
Coca-Cola trage damit eine entscheidende Mitverantwortung für die Epidemie ernährungsbedingter Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes, stellten die Verbraucherschützer klar und forderten Coca-Cola auf, sein an Kinder und Jugendliche gerichtetes Marketing zu stoppen und beispielsweise nicht länger junge Youtube- und Instagram-Stars für Werbezwecke einzuspannen.
Mit ihrer Kritik an Coca-Cola ist „foodwatch“ unterdessen keineswegs alleine. So bezeichnete auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Zuckergetränke als „eine wesentliche Ursache für Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes“.
Der Getränkehersteller selbst hingegen engagiert sich auch auf politischer Ebene, um Zweifel an der gesundheitsschädlichen Wirkung von Zuckergetränken zu säen und eine effektive Regulierung der Produkte zu verhindern. Wie die „New York Time“ bereits im Jahr 2015 aufdeckte, finanzierte Coca-Cola mit 1,5 Millionen US-Dollar eine vermeintlich unabhängige Forschungseinrichtung. Diese vertrat ganz im Sinne von Coca-Cola öffentlich die Position, nicht ungesunde Ernährung, sondern Bewegungsmangel sei das zentrale Problem für Übergewicht.
Zahlreiche Studien hatten in der Vergangenheit untersucht, ob Zuckergetränke und Übergewicht zusammenhängen. Dabei fanden 80 Prozent der von der Lebensmittelindustrie finanzierten Studien heraus, es gebe keinen Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Konsum von Zuckergetränken. Währenddessen kamen 80 Prozent der unabhängig finanzierten Studien zu einem genau gegenteiligen Ergebnis.
„Foodwatch“ forderte die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD daher auf, eine Herstellerabgabe für überzuckerte Getränke einzuführen. Dies hatte die etablierte Politik in den vergangenen Jahren stets abgelehnt, was auch an der überdurchschnittlichen Lobbyarbeit der Lebensmittel- und Getränkehersteller liegen dürfte, die schon kurz nach der Bundestagswahl erste Stellungnahmen an die neu gewählten Abgeordneten verschickt hatten, in denen zu lesen stand, dass von Zucker keine ernsthaften Gesundheitsgefahren ausgehen würden. Interne E-Mails von Coca-Cola, die im Jahr 2016 an die Öffentlichkeit gelangten, zeigen, dass der Konzern vor allem Sonderabgaben oder -steuern auf zuckergesüßte Getränke fürchtet. In einem Strategiepapier des Konzerns wird der Bekämpfung dieser Maßnahme die höchste Priorität eingeräumt.
Ein besonderer PR-Coup war „foodwatch“ indes durch die Einladung des Getränkeherstellers zur Vorstellung des „Coca-Cola-Reports“ gelungen. So hatten die Verbraucherschützer dem Unternehmen angeboten, ihre Sicht auf die Dinge im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz vorstellen zu können. Doch der für den Getränke-Konzern reservierte Stuhl blieb leer.