Am Amazon Tower in Berlin wurde Mitte Oktober Richtfest gefeiert. Nach nur 20 Monaten Bauzeit steht der Rohbau des 140 Meter hohen Gebäudes – mitten in der Hauptstadt. Bei Fertigstellung – die für Ende 2023 geplant ist – wird es das höchste Bürogebäude Berlins sein.
Amazon wolle die meisten der insgesamt 37 Etagen nutzen, berichtet der rbb. Rund 3.400 Beschäftigte sollen in der künftigen Deutschland-Zentrale des Monopolisten arbeiten. Die Lage könnte nicht prominenter sein: Das Gebäude wird an der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain gebaut, direkt an der S-Bahn-Station nahe der Mercedes-Benz-Arena und der East-Side-Gallery. Noch Ende 2023 soll es fertiggestellt werden.
Aber auch beim auf Dauerexpansion ausgerichteten US-Konzern wachsen die goldenen Türme nicht endlos. Zwar kündigte Amazon an, alleine in den USA 150.000 zusätzliche Arbeitskräfte für das Weihnachtsgeschäft anwerben zu wollen. Gleichzeitig verabschiedete sich das Unternehmen jedoch von Plänen für den Neubau weiterer Lagerhäuser (siehe UZ vom 14. Oktober).
Wie „amazon-watchblog.de“ berichtet, hat Amazon zudem große Probleme, Beschäftigte zu halten. Sowohl bei Managern als auch bei Lagerarbeitern sei dies so. Aus internen Dokumenten gehe hervor, dass die hohe Fluktuation bei Mitarbeitern Amazon jedes Jahr geschätzt acht Milliarden Dollar koste. Amazon selbst zeichne ein „düsteres Bild von Amazons Fähigkeiten, Mitarbeiter für einen längeren Zeitraum zu halten“. Es werde dabei zwischen „bedauerliche Fluktuationen“ und „nicht bedauerlichen“ unterschieden. „Bedauerlich“ sei, wenn Beschäftigte für sich selbst entschieden, Amazon zu verlassen. „Nicht bedauerlich“ sei hingegen, wenn Amazon den Beschäftigten kündige.
Der Konzern überwacht seine Beschäftigten zwar ständig und erfasst digital die Arbeitsleistung sekundengenau. In den „Feedback-Gesprächen“, zu denen Arbeiter einbestellt werden, scheint es aber immer nur darum zu gehen, wie die Arbeit intensiviert werden kann. Amazon ist zudem als gewerkschaftsfeindlich bekannt. Mit „Union Busting“-Methoden versucht der Konzern, eine Interessenvertretung im Sinne der Beschäftigten konsequent zu verhindern.
Aktuelles Beispiel für das erfolgreiche „Union Busting“ ist das Amazon-Lager in Albany im US-Bundesstaat New York. Hier stimmte eine große Mehrheit der Beschäftigten gegen eine gewerkschaftliche Vertretung durch die „Amazon Labor Union“ (ALU). Es habe 406 „Nein“- und nur 206 „Ja“-Stimmen gegeben, wie die Nationale Arbeitsbehörde (National Labour Relations Board, NLRB) letzte Woche bekanntgab. Der „People‘s World“-Autor Mark Gruenberg kommentierte, Amazon habe die Abstimmung manipuliert. ALU-Präsident Chris Smalls sagte trotzig: „Wir sind stolz auf die mutigen Arbeiter in Upstate New York, die sich gegen eine bösartige gewerkschaftsfeindliche Kampagne zur Wehr gesetzt haben.“ Sie hätten ein „Billionen-Dollar-Unternehmen“ herausgefordert. Der Kampf um die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten in Albany werde weitergehen.
Im Amazon-Lager in Albany zu arbeiten ist gefährlich. Das Lager ist berüchtigt für die hohe Anzahl an Arbeitsunfällen. Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen dürfte also nicht der Grund dafür gewesen sein, warum die Beschäftigten gegen die Gewerkschaft stimmten. Amazon gibt sehr viel Geld dafür aus, um Stimmung gegen die ALU zu machen. Die Konsequenz ist allerdings, dass die Beschäftigen ihre Unzufriedenheit nicht artikulieren können und keine Aussicht auf Besserung besteht. Also kehren sie Amazon früher oder später den Rücken.