Besonders in den Krisenjahren ab 2008 hat die EU dem deutschen Kapital einen grandiosen Nutzen erwiesen. Schwächere Ökonomien hatten keine Mittel gegen die „Exportwalze“ – weder Zollschranken noch Währungskursänderungen. Die „Exportwalze“ Deutschland fußt wesentlich auf der Agendapolitik, die Deutschland im Verhältnis zu seiner hohen Produktivität zu einem Niedriglohnland gemacht hat. Eine ideale Basis, um schwächere Ökonomien auszubluten. Denn, was in den Medien Außenhandelsbilanz genannt wird, ist ja nichts anderes als eine Abrechnung des Kampfes zwischen stärkeren und schwächeren Ökonomien.
Diese Situation hat der deutschen Wirtschaft „Extraprofite“ gebracht. Diese spielen im Kapitalismus in seiner imperialistischen Phase eine wichtige Rolle. Einerseits, weil sie die nationalen Abteilungen der Arbeiterklasse in schwachen Ökonomien in besondere Verelendung stürzen – siehe den dramatischen Kahlschlag in Griechenland (Renten, Gesundheitswesen, Privatisierung).
Diese Extraprofite dienen nicht nur dazu, das Kapital wie eine Gans zu mästen. Diese Extraprofite versetzen das Monopolkapital Deutschlands in die Lage, wichtigen Teilen der Arbeiterklasse in der Krise zu suggerieren, dass es ihnen „ja viel besser geht, als in Griechenland, Italien und Spanien et cetera“. Unter dem Strich betrachtet ist das ja gar nicht falsch, beruht aber eben auf den Extraprofiten und der vorangegangenen Vertiefung der Spaltung durch die Agendapolitik.
Die „profitierenden“ Teile der Arbeiterklasse sehen eine Interessenidentität mit der herrschenden Klasse, eine „Sozialpartnerschaft“, während die ausgegrenzten Teile der Arbeiterklasse noch stärker die Schuld bei sich selbst suchen. Schließlich gibt es ja arbeitende Menschen, denen es viel besser geht als den „Griechen“.
Dies ist zumindest eine Erklärung dafür, dass die Gewerkschaftsbewegung unseres Landes der EU gegenüber tendenziell sehr positiv eingestellt ist. Vermutlich wird dies noch verstärkt durch den Fakt, dass die deutsche Gewerkschaftsbewegung stark geprägt ist durch den Teil der Klasse, der in „Lohn und Brot“ steht und dort wiederum durch den Teil, der auch tatsächlich Betriebs- und Personalräte wählt. Arbeitslose, Leiharbeiter, Werkvertragsarbeiter spielen bisher eine untergeordnete Rolle. Die Konkurrenz innerhalb der Klasse wird so teilweise in den Gewerkschaften reproduziert.
Ideologisch wird das bestärkt durch Aussagen wie, „die EU ist (oder war) ein Friedensprojekt“. Aus meiner Sicht war sie dies nie. Gegründet als Waffe gegen den europäischen Sozialismus, weiterentwickelt zu einem Konstrukt der Vorherrschaft, Konkurrenz, Hinterhof des deutschen und französischen Imperialismus, mal in Loyalität, mal in Konkurrenz zum US-Imperialismus – die EU war nie friedlich, auch nicht nach 1989. Wir brauchen nur nach Jugoslawien zu schauen, zur Ukraine, nach Libyen, Syrien oder aktuell, wie Mazedonien der Weg in EU und NATO geebnet wurde, um die Aggression gegen Russland voranzutreiben.
Die EU ist Fluchtverursacher wegen ihrer Kriegspolitik, aber auch wegen ihrer Freihandelsabkommen zum Beispiel mit afrikanischen Staaten, mit denen wiederum diese schwächeren Ökonomien ausgeplündert werden.
Streit gibt es in der EU dann bestenfalls darüber, welche Methode besser ist, diese verursachte Flucht und Migration auszunutzen. Diejenigen, die darauf setzen, nur die Migranten reinzulassen, die direkt profitabel verwertbar sind und ansonsten die nationalen Grenzen zuzumachen, stehen dabei denen gegenüber, die unbegrenzte Migration als Mittel sehen, um die Konkurrenz unter den Ausgebeuteten zu erhöhen. Die Lage der Flüchtlinge und Migranten ist nicht Gegenstand des Streits – das zeigt die Zahl der Ertrunkenen im Mittelmeer genauso wie die Behandlung derer, die es zum Beispiel nach Deutschland geschafft haben.
Mein Fazit: Ein Europa der Völker ist ohne die Überwindung der EU nicht zu haben.