Das Thema Bildung ist ein ständiges Ärgernis fürs Kapital. Lässt man den Arbeitskräften davon zuwenig zukommen, droht die Produktion ins Stocken zu geraten, von der Forschung ganz zu schweigen. Führt man zuviel zu, dann mucken sie vielleicht auf, werden frech und teuer ob der zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft verbrauchten gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Für alles dazwischen gibt es Hochschulen, Bachelor-Abschlüsse und Abitur, aber selbst da stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen?
Wenn der Staat zahlt, zahlt er zunehmend schlechter, merkten kürzlich einige Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart an, die sich für die Laufbahn als Lehrkraft entschieden haben. Und – das kennen wir inzwischen aus den Bildungseinrichtungen vom Kleinkind bis zum Juniorprof – er stellt gerne befristet an.
So entlässt das Land Baden-Württemberg nach Zeugnisvergabe und vor Beginn der Sommerferien 3 000 Lehrerinnen und Lehrer. Ach nein, ich will an dieser Stelle korrekt sein: Sie werden ja nicht entlassen, ihre befristeten Verträge laufen nur aus. Dass sie dann nach den Sommerferien wieder gebraucht werden, kann – nicht nur in Baden-Württemberg – keiner ahnen, aber es ist an den offiziellen Zahlen arbeitslos gemeldeter Lehrerinnen und Lehrer doch jedes Jahr immer wieder ablesbar. Zu den Sommerferien steigen diese an, nach den Sommerferien gibt es neue Verträge und die Zahlen sinken wieder.
An den Hochschulen sind Befristungen standesgemäß noch schlauer geregelt. Hier sind Verträge unter einem Jahr Laufzeit normal, dank „WissZeitVG“ (Wissenschaftszeitvertragsgesetz). Vor der Promotion und nach der Promotion kann jeweils sechs Jahre befristet werden. Dazu kommt, dass viele dieser „Qualifikationsstellen“ nur Teilzeitstellen sind, die aber vollen Einsatz erfordern.
Was es bedeuten kann, wenn ein befristeter Vertrag ausläuft und noch kein neuer in Sicht ist, erzählte mir ein älterer GEW-Kollege, dessen Tochter promoviert ist. Er muss ihr – sie ist über 30 – zur Überbrückung dann ihre Miete für ein paar Monate bezahlen, weil sie sonst die Wohnung räumen müsste und zusätzliche Kosten entstünden. Eine neue Wohnung würde zudem eine höhere Miete bedeuten oder weitere Anfahrtswege zur Uni. Eine Karriere an der Universität muss frau sich eben leisten können – oder zumindest ihre Eltern.
Es ist also nicht so, dass das Bildungssystem im Kapitalismus uns nichts lehren würde.