Zu Annalena Baerbocks USA-Reise

Feminismus goes Texas

Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand von Gesellschaften“, tönte Außenministerin Annalena Baerbock bei der Vorstellung ihrer „Leitlinien zur feministischen Außenpolitik“ und schob nach einigem Geschwafel noch die schöne Anekdote hinterher, dass sie auf ihren Reisen „Strichlisten“ über Hotels führe, in denen es unter den „Ameneties“ keine „Hygieneprodukte“ gebe – schlimmer als in Flüchtlingscamps.

Wie wenig das alles mit Frauenrechten zu tun hat, demonstrierte Baerbock in der vergangenen Woche, als ihre USA-Reise sie ausgerechnet nach Texas führte.

Dort regiert der republikanische Gouverneur Greg Abbott, dessen Regierung eines der restriktivsten Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch erlassen hat. Massenhaft werden Frauen dadurch wieder in die Arme von Engelmacherinnen getrieben. Doch ihr Leid bleibt uninteressant für die feministische Außenpolitikerin, die sich sonst damit rühmt, Klartext zu reden: Etwa, wenn sie Russland mal nebenbei den Krieg erklärt oder bei jedem Kontakt zur Volksrepublik China gelobt, „die Menschenrechte“ anzusprechen. Zwar sei es „auch um Fragen gegangen, bei denen sowohl sie als Europäerin als auch viele Menschen in den USA ganz anderer Meinung seien“, behauptete Baerbock laut der Nachrichtenagentur dpa, vor allem ging es aber um eins: darum, den Krieg in der Ukraine weiter zu befeuern. Und dazu ist der feministischen Außenpolitikerin Baerbock auch das Bündnis mit einem der frauenfeindlichsten der per se schon frauenfeindlichen Republikaner recht.

Also wird dem Texaner schön Honig ums Maul geschmiert, denn er macht ja ganz toll was für die Windkraft, um dann einen NATO-Stützpunkt mit deutscher Beteiligung zu besuchen. Da ist Baerbock dann endlich in ihrem Element, denn die Ausbildung von deutschen Piloten in Texas habe dazu beigetragen „dass wir den Schutz unserer Ostflanke des NATO-Bündnisses mit der gemeinsamen Luftraumüberwachung haben verstärken können“. Ganz nonchalant erklärt sie, worauf man sich in Deutschland gerade besonders konzentriert, denn „wir“ investieren: „nicht nur in Panzer, nicht nur in Kampfflugzeuge, nicht nur in Hubschrauber, sondern vor allen Dingen in die Soldatinnen und Soldaten von morgen“. In Kanonenfutter halt, für den Krieg, der nicht enden soll.

Auf den Stellvertreterkrieg der NATO haben aber – auch in den USA – immer weniger Menschen Lust. Und selbst den Falken in der US-Politik wird langsam klar, dass sie auf verlorenem Posten stehen (siehe „Frühjahrsoffensive“). Nicht wenige von ihnen möchten den Krieg gern noch vor den US-Wahlen im kommenden Jahr unauffällig beerdigen. Das ist natürlich nicht im Sinne von Baerbock und ihrer feministischen Außenpolitik. Und so war ihre USA-Reise vor allem als großer Werbefeldzug für den Kampf gegen Russland bis zum letzten Ukrainer gedacht, Auftritt bei Fox-News inklusive. Um klarzumachen, gegen wen es nach Russland gehen soll, hat sie den Fernsehauftritt dann auch dazu genutzt, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping als „Diktator“ zu beschimpfen – mit dem bösen Chinesen kommt man in den USA weiter als mit dem bösen Russen.Genutzt hat es wenig, die Strategen in den USA scheinen realistischer zu sein als die in Deutschland.

Dass sich die feministische Außenpolitikerin nicht für Frauenrechte interessiert ist nicht der einzige Treppenwitz dieser Geschichte. In ihrer Leitlinien-Rede ging die Kriegstreiberin Baerbock ausführlich darauf ein, dass Friedensverträge länger halten, wenn Frauen an ihrer Aushandlung beteiligt waren. Sie selbst tut alles dafür, dass es gar nicht erst zu Friedensverhandlungen kommt.

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"Feminismus goes Texas", UZ vom 22. September 2023



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