Zum Zusammenbruch Syriens

Feinde mit Strategie

Als Baschir al-Assad im Jahr 2000 sein Amt als Präsident Syriens antrat, waren die Erwartungen hoch. Nach dem Zusammenbruch der So­wjet­union brauchte das Land eine Erneuerung – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Die Berater, die Assad aus Europa mitbrachte, sollten das Land in die Moderne führen – wirtschaftlich würde das für viele einen Gewinn, für noch mehr einen Verlust bedeuten.

Doch fast von Anfang an stand Syrien im Schatten der großen Katastrophe, die der Überfall der USA auf den Irak über die Region brachte. Viele Menschen flohen aus dem Irak, für Hunderttausende bot Syrien eine sichere Zuflucht. Je länger der Bürgerkrieg im Irak andauerte, umso mehr zogen auch Dschihadisten von dort nach Syrien. So beeinflussten der Krieg und seine Folgen Syrien, auch wenn das im Westen gerne verschwiegen wird.

Später entwickelte die syrische Regierung einen strategischen Plan: Vor allen politischen Experimenten sollte zunächst einmal die Wirtschaft entwickelt werden, als Brücke zwischen Ost und West, Nord und Süd. Auf der Grundlage von größerem Wohlstand würden alle weiteren Veränderungen leichter fallen.

In den Städten hatte dieses Konzept durchaus Erfolge. Projekte der EU und der Golfstaaten wuchsen in die Höhe, viele junge Leute strömten in das Land.

Doch mit den Verlierern der Wirtschaftsreformen und einer verarmenden Landbevölkerung, die an den Folgen einer Dürre litt, sammelte sich sozialer Brennstoff an, der im Frühjahr 2011 explodierte. Die syrische Regierung war darauf nicht vorbereitet.

Die Entwicklung verlief nach dem bekannten Muster. Dschihadisten aus Syrien, dem Irak und der ganzen Welt kaperten die Proteste, die sich gegen die Missstände im Land gerichtet hatten: gegen Korruption, Intransparenz und fehlende Verantwortlichkeit.

„Milliarden von Dollar und tausende Tonnen von Waffen“ – wie es der damalige US-Vizepräsident Joseph Biden beschrieb – strömten für die Dschihadisten ins Land. Die Regierung reagierte auf Gewalt mit mehr Gewalt. Das Land wurde im Krieg zerstört.

Auch die Feinde Syriens hatten eine Strategie: Das Land auszuhungern, um alle Konflikte auf die Spitze zu treiben. Letzten Endes war dieser Plan erfolgreich. Gegen die Sanktionen fand die syrische Regierung kein Mittel. Am Ende war das Land erschöpft, verarmt und geteilt. Nicht einmal der Präsident wollte sich noch gegen den Zerfall stellen.

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"Feinde mit Strategie", UZ vom 10. Januar 2025



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