Mélenchon, Le Pen oder Hamon zu wählen bedeutet Ruin, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung“, warnte der Chef des Unternehmerverbandes Medef noch am 9. April in der Zeitung „Le Parisien“ und gab damit seiner Angst vor den steigenden Umfragewerten für den linken Jéan-Luc Mélenchon Ausdruck. Sein konservativer Lieblingskandidat François Fillon (19,91 Prozent) gewann die erste Runde um die Präsidentschaft Frankreichs nicht, sondern Emmanuel Macron (23,75 Prozent). Laut Innenministerium wurden 35,5 Millionen gültige Wählerstimmen gezählt, es gab 9,9 Millionen Nichtwähler bei insgesamt 46,3 Millionen Wahlberechtigten.
Vor allem im Westen (Bretagne), der Pariser Region (außer dem roten Saint-Denis), der Region Neu-Aquitaine, der alten Auvergne und in insgesamt 42 von 101 Departements wurde zur Freude der Finanzoligarchie für Macron und seine Bewegung „En marche!“ gestimmt. Als ehemaliger Wirtschaftsminister unter Hollande (PS) hat er den Unternehmen Steuergeld in den Rachen geworfen. Gedankt wurde es ihm laut der rechten Zeitung „La Croix“ mit einem Kredit von 8 Millionen Euro. Sie müssen sich sehr sicher gewesen sein, dass Macron Erfolg haben würde, denn jedem Kandidaten der ersten Runde, sofern er mehr als 5 Prozent der Stimmen erreicht, stehen maximal 8 Millionen Euro Wahlkampfkostenerstattung zu. Für die Anwesenheit in der zweiten Runde gibt es sogar 10,7 Millionen Euro. Wer unter fünf Prozent bleibt, bekommt maximal 800 423 Euro.
Die Steuergelder des Staates nimmt man, ansonsten aber plädiert Macron für das freie Unternehmertum und den Freihandel sowie den staatlichen Rückzug aus Firmenangelegenheiten, wodurch 120 000 Stellen des öffentlichen Dienstes gestrichen werden könnten. Wer aber wie Macron vom Rückzug des Sozialstaates spricht, verlangt den repressiven Staat. Hier kommen sich Macron und Le Pen (FN) am nächsten. Sie erhielt 21,53 Prozent und kam in 47 Departements auf Platz eins – beide stehen sich in der Endrunde der Wahlen am 7. Mai gegenüber.
François Fillon (19,91 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon (19,64 Prozent) gewannen in jeweils sechs Departements. Während der FN nahezu flächendeckend im Nordosten und Norden vertreten ist, verteilen sich die Siege der anderen Kandidaten landesweit auf die Departements.
Eine Randnote ist das Ergebnis von Benoit Hamon vom PS (Parti socialiste) wert. Er erreichte nur 6,35 Prozent der Stimmen, damit dürfte der Untergang dieser Partei besiegelt sein. Die PS-Anhänger sind zahlreich zu Macron übergelaufen, darunter auch Manuel Valls, der als Premierminister langjährig unter Hollande per Dekret gegen die Nationalversammlung regiert hatte.
Der wirkliche Sieger des Tages sind aber die 450 000 couragierten Vertreter des „Aufrechten Frankreichs“ (La France insoumise). Als Kandidat der „Linksfront“ erhielt Mélenchon 2012 über 11 Prozent der Stimmen, heute sind es 19,64. Der Samen ist gelegt. „Vor einigen Dezennien“, sagte er in Dijon, „besaßen noch 300 Leute mehr als 50 Prozent des Weltreichtums. Seit 2016 sind es acht Personen. (…) Wir sagen es allen Franzosen, deren Sprecher wir sind: Ein solches System ist in sich schlecht und pervers. (…) die Kooperation zwischen den Menschen und den Völkern steht über dem (kapitalistischen) Wettbewerb und dem Krieg.“