Eine „aggressive Anti-Abschiebe-Industrie“ beklagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, nachdem im baden-württembergischen Ellwangen die Abschiebung eines togolesischen Flüchtlings zunächst gescheitert war. Andere Flüchtlinge hatten sich mit dem Mann solidarisiert und die Polizei zurückgedrängt. Sofort schickten sich fast alle Medien und Politiker fast aller Parteien an, die „Gewalt“ durch die Flüchtlinge zu verurteilen. Gewalt? Nur wenige Zeitungen bohrten gründlicher nach, und siehe da: An einem (!) Streifenwagen habe es eine (!) „Eindellung“ gegeben, recherchierte die „taz“. Drei Tage später bot dann der Rechtsstaat eine Spezialeinheit auf, um den Togoer aus der Unterkunft herauszuprügeln. Wieder wurde den Flüchtlingen Gewaltbereitschaft unterstellt, und wieder zeigte ein genauerer Blick: Es gab einen einzigen verletzten Polizisten, der aber „nicht durch Dritte, ohne Fremdeinwirkung“ zu Schaden kam, gab die Polizei letztlich zu.
Doch da war die Hetze gegen vermeintlich kriminelle Flüchtlinge und ihre Unterstützer nicht mehr aufzuhalten. Dobrindt setzte ihr die Krone auf, indem er explizit auf Rechtsanwälte und -berater zielte: Wer durch Klagen die Abschiebung „von Kriminellen“ zu behindern suche, arbeite gegen den gesellschaftlichen Frieden. Es sei nicht akzeptabel, dass dadurch „bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird“, pöbelte er in der „Bild“-Zeitung.
Nicht akzeptabel? Jedes Verwaltungshandeln in Deutschland ist prinzipiell vor Gericht überprüfbar. Man mag ja finden, dass die Verwaltungsgerichte mit Bagatellklagen überhäuft werden. Aber eine Abschiebung ist zweifellos ein derart gravierender Eingriff, dass die Versagung des Rechtsweges darauf hinausläuft, das Rechtsstaatsprinzip abzuschaffen. Jedenfalls wenn es um unerwünschte Ausländer geht. Wer Anwälte und Helfern, die sich für Flüchtlinge einsetzen, quasi als Gesellschaftsschädlinge diffamiert, bedient sich letztlich einer Nazi-Logik.
Die Zahlen zeigen übrigens: 40 Prozent der inhaltlichen Gerichtsentscheidungen gehen zugunsten der Flüchtlinge aus. Weil das Bundesamt nämlich ganz häufig, offenbar unter politischem Druck, fehlerhaft entscheidet. Diese Fehler nicht mehr überprüfen zu lassen, wie Dobrindt es fordert, ist eine Kampfansage an den Rechtsstaat. Aggressiv ist nicht, wer gegen eine Abschiebung klagt, sondern, wer sie rechtswidrig durchsetzen will.