Um die Landesverfassung an die veränderten Erwartungen des Kapitals anpassen zu können, bedarf es einer „Super-Koalition“, denn für eine solche Gesetzesänderung ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Geändert hat sich viel seit dem Inkrafttreten der NRW-Verfassung am 10. Juli 1950. Kein Problem: Die Super-Koalitionäre von SPD, CDU, Grünen und FDP stimmten dem neuen Gesetzeswerk übereinstimmend zu. Kein Wunder, denn eine interfraktionelle Verfassungskommission aus diesen Parteien hatte zwei Jahre lang ganze Vorarbeit geleistet. Über die „reformierte“ Landesverfassung durfte das Wahlvolk nicht abstimmen.
Neben einigen Spielregeln, die die Arbeit im Parlament effektiver machen sollen, wurde die Verbindung zwischen Legislative (Parlament) und Judikative (Richter) etwas enger geschnürt: Die „passenden“ Verfassungsrichter sollen in Zukunft durch den Landtag gewählt werden. Die „Gewaltenteilung“ zwischen Legislative und Judikative kann dadurch etwas geschmeidiger gestaltet werden. Manche Richter erkennt man am Parteibuch. Andererseits darf das Wahlvolk nun nicht mehr mitspielen, wenn ein vom Parlament abgelehnter Gesetzentwurf durch einen Volksentscheid doch noch durchgesetzt werden könnte (Artikel 68 Absatz 3).
Auf die Bremse wurde auch an anderer Stelle getreten: Die CDU sperrte sich gegen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre und ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Ausländer. Es gibt auch kein niedrigeres Quorum für Volksbegehren.
Eine Sperrklausel mit einer 2,5-Prozent-Hürde für die Kommunalwahlen hatte der Landtag bereits in diesem Sommer am 10. Juni mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen beschlossen. Diese Einengung wurde durch die Zweidrittelmehrheit sogar in der Landesverfassung verankert. Vor 1999 gab es eine 5-Prozent-Hürde. Sie wurde am 6. Juli 1999 vom Landesverfassungsgericht in Münster gekippt. Danach gab es fünf Kommunalwahlen ohne Sperrklausel, so dass auch kleinere Parteien ins Rathaus einzogen. Das fanden SPD, CDU und Grüne hinderlich und ihre Arbeit „im hohen Maße gefährdet.“
Es geht auch anders: Nahezu zeitgleich feierte der Landtag den 70. Geburtstag des Bundeslandes mit 450 geladenen Gästen im Plenarsaal. Der Festredner, Bundestagspräsident Norbert Lammert, betonte die große Linie: NRW müsse „lernfähig sein, aber es dürfe nicht wankelmütig sein.“ Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wünschte „Gottes Segen“.