Es hat harsche Kritik an der Bildungszeitung (BIZ) gegeben. Sie befände sich „konträr zu allem (…), was KPD und DKP seit 1945 zum demokratischen Kampf aussagten, ja auch, was für die KPD und die internationale Arbeiterbewegung seit 1933 die grausame Lehre der Geschichte bedeutete.“ Da das Thema in der Tat „für uns Kommunisten große Bedeutung hat“, wie die BIZ betont, von mir einige Bemerkungen dazu.
Ich vermag die von Ulrich Sander und anderen („Bitte nicht diese Bildungszeitung“) formulierte Fundamentalkritik nicht nachzuvollziehen. Die Erklärung von Ziegenhals kam nach der Machtübertragung an den deutschen Faschismus. Eine solche oder ähnliche Lage ist heute meines Erachtens nicht gegeben.
Der Faschismus der 1930er/40er Jahre war das Ergebnis der Schwäche des Imperialismus in der Weltwirtschaftskrise 1929, der Erfolge des Roten Oktober und der Stärke der Sozialisten und Kommunisten in den kapitalistischen Hauptstaaten. Er war verbunden mit dem 1918 gescheiterten imperialistischen Projekt einer Beteiligung der „Achsenmächte“ an der Weltherrschaft. Bei diesem „Totalen Krieg“ konnte man keine Sozialisten und Kommunisten gebrauchen.
Nach 74 Jahren hatte der letztlich totgerüstete Rote Oktober aufgeben müssen. Die Kommunisten und die Arbeiterbewegung sind in den imperialistischen Staaten marginalisiert. Die kapitalistischen Mächte haben keine Angst mehr vor dem Sozialismus/Kommunismus und der Arbeiterbewegung. In neoliberalen Zeiten wird das Europa-Projekt des deutschen Imperialismus durch den Euro und die Bundesbank/EZB vorangetrieben. Die Herstellung der „Heimatfront“ geschieht durch eine sich selbst gleichgeschaltete Medienmaschine. Das Problem heute ist, wie in der Krise offenkundig wird, die Dysfunktionalität des Neoliberalismus, seine anti-humane Asozialität selbst.
Die heutigen Faschisierungsprozesse, die mit dem Verbot von FDJ und KPD begannen und über die Notstandsgesetze, die „Anti-Terror“-Gesetze, Bundeswehr im Inneren, einer militarisierten Bürgerkriegspolizei bis zu den heutigen Polizeigesetzen reichen, haben vor allem die Aufgabe die Fortexistenz der ungehemmten Reichenbereicherung, der neoliberalen Offensive, des totalitären Prinzips „There is no Alternative!“ sowie die außenpolitische Aggression „Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt!“ zu garantieren. Diese Faschisierung kommt nicht von außen, von einer AfD/NSDAP, sondern aus der Mitte des neoliberal und bellizistisch gleichgeschalteten politischen Apparates. Bedauerlich: Es sind häufig führende Sozialdemokraten, welche, wie beim ersten Krieg vom deutschen Boden nach 1945, bei der Agenda-Politik oder bei der Aufrüstung der inneren Repression, die Dinge energisch vorantreiben.
Organisationen wie die AfD sind objektiv die neoliberale Auffanglinie für Menschen, die vom herrschenden Politik-Angebot enttäuscht, eine Alternative innerhalb des Kapitalismus suchen. Sie bieten gleichzeitig aber den Vorteil als proto-faschistische oder sogar faschistische Projektionsfläche der Herrschafts-Propaganda zu dienen, welche die fiktive Gefahr einer Art Wiedergeburt der NSDAP suggerieren kann. Diese Gefahrenbeschreibung, die all das außer Acht lässt, was in den letzten 70 Jahren an innerer Formierung passiert ist, hat große Strahlkraft unter den nach der Niederlage des Sozialismus und der neoliberalen Wende des Reformismus orientierungslos gewordenen Rest-Linken, den antifaschistischen, demokratischen, bürgerlich-emanzipativen und LGTB-bewegten Kräfte entfaltet. Ihre weitgehende Integration in das Herrschaftsnarrativ birgt die Gefahr, dass auch sie, sozusagen unter der Hand, zu Stützen der etablierten Ordnung und der neoliberalen Offensive funktionalisiert werden.
Proteste gegen die asozialen Verhältnisse und die obszöne Reichen-Bereicherung werden immer mehr in die Nähe zu faschistischen Organisationen gerückt. Von „Querfront“ und Verschwörungstheorie ist denunziatorisch die Rede. Dieser regierungsamtliche „Antifaschismus“ ist in der Krise zu einer der Hauptintegrations-Theoreme der neoliberalen Offensive geworden. Diese verengende Fixierung hat den großen „Vorteil“, dass sowohl die Protagonisten der neoliberalen Verwüstungen als auch die Wegbereiter der schleichenden Faschisierung nicht nur aus dem Fokus geraten, sondern auch noch als Kämpfer für Demokratie und Liberalität geadelt werden.