Der Umgang vieler Gliederungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit den Veranstaltungen am 1. Mai war mehr als problematisch. Begründet vor allem mit der Pandemielage und zum Teil mit der Befürchtung, mit Coronaleugnern in einen Topf geworfen zu werden, wurde vielerorts demobilisiert. Demonstrationen wurden abgesagt, Kundgebungen aus den Innenstädten auf abgelegene Messeparkplätze verlegt oder ihre Teilnehmerzahl massiv reduziert. Das war politisch das völlig falsche Signal. Wir brauchen die Gewerkschaften in dieser Krise auf der Straße – natürlich mit Abstandsregeln und Hygienekonzept.
Wir brauchen gewerkschaftlichen Widerstand, weil sich Konzerne und Banken in der Krise eine goldene Nase verdienen, während die Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellten, Arbeitslosen, Kulturschaffenden und Gewerbetreibenden die Lasten der Krise mit voller Wucht abbekommen und Jugendliche zu Hunderttausenden abgehängt werden.
Wir brauchen gewerkschaftlichen Widerstand auf der Straße, weil die Kriegsgefahr wächst, Hetze gegen Russland betrieben und Hochrüstung finanziert wird, während das Gesundheitswesen und die dort Beschäftigten kaputtgespart werden.
Wir brauchen den gewerkschaftlichen Widerstand, weil unsere Grundrechte, unter anderem die Versammlungsfreiheit, im Schatten der Pandemie massiv angegriffen werden. Wir brauchen Widerstand gegen die großangelegte Notstandsübung und den Bundeswehreinsatz im Innern.
In Essen gelang dem CDU-Oberbürgermeister eine besondere Demütigung der Gewerkschaftsbewegung. Auf der Kundgebung im „Autokinoformat“ auf einem Messeparkplatz in unbewohnten Feldern bedankte er sich bei der Polizei, die zeitgleich in der Stadt den Weg für einen Aufmarsch von Faschisten freiprügelte. Gut, dass sich in vielen Orten Bündnisse gewerkschaftlicher Kräfte bildeten, die den Widerstand auf die Straße trugen. Sie konnten das Vakuum teilweise füllen, das durch den Rückzug mancher DGB-Gliederungen entstanden war. Dieser 1. Mai braucht eine kritische Auswertung in den Gewerkschaften. Wir treten Gewerkschaftsfeindlichkeit entgegen, sagen „hinein“ in die DGB-Gewerkschaften. Aber auf die Offensive von Kapital und Kabinett darf nicht mit Defensive geantwortet werden. Die Kolleginnen und Kollegen zahlen für die Krise, sie brauchen kämpferische Gewerkschaften.