Der Bundesaußenminister ist nach Teheran gereist. Mit leeren Händen. Die US-Regierung war nach dem Amtsantritt von Donald Trump vom Atomabkommen mit Iran abgerückt und zu einer weitgehenden Wirtschaftsblockade des Landes übergegangen. Diese Blockade wurde nach einer kurzen Übergangsfrist nun global ausgedehnt. Jeder, der sich nicht an das US-Diktat hält, riskiert seinerseits harte Strafmaßnahmen seitens des US-Imperiums. Für die europäische Exportindustrie bedeutet die Kehrtwende des Weißen Hauses eine massive Einbuße. Sie hatte nach den „Atomabkommen“ von 2015, dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), gehofft, Milliardengeschäfte im Iran machen zu können. Heiko Maas lässt nicht nur den Iran im Stich, sondern vor allem die eigene Industrie.
Der Außenminister hatte nach Trumps einseitiger Kündigung des JCPOA vor etwa einem Jahr den Mund wieder einmal ziemlich voll genommen. Man habe den Amerikanern klar mitgeteilt, dass die Kündigung ein Fehler sei. Es sei von strategischer Bedeutung, dass man Washington klarmache, dass man weiter zusammenarbeite und dass man nicht „über unsere Köpfe hinweg“ entscheiden lasse. Maas forderte die Errichtung eines von den USA „unabhängigen Finanz-Kanals“, um europäische Firmen bei ihren Iran-Geschäften zu schützen.
Ähnlich starke Worte hatte Maas zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian und dem britischen Außenminister Jeremy Hunt gefunden. Man arbeite aktiv am „Schutz und der Aufrechterhaltung effektiver Finanz-Kanäle mit Iran und der Weiterführung der iranischen Öl- und Gas-Exporte“. Die europäischen Tiger, allen voran der deutsche Außenminister, landeten als Trumps Bettvorleger.
Denn das von den Europäern gegründete Finanzvehikel INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges) ist komplett wirkungslos. Nicht eine Transaktion wurde darüber abgewickelt. Die europäischen Firmen verlassen desillusioniert das Land. Dafür nimmt die US-Blockade des Iran erheblich an Fahrt auf. Das Land exportierte nach dem JCPOA-Abkommen 2,3 Mio. bpd (Barrel pro Tag). Der Export ist im März 2019 auf 1,1 Mio. bpd gefallen. Die Einnahme-Ausfälle betragen nach Schätzungen 7,7 bis 10 Mrd. Dollar. Die Hauptimporteure iranischen Öls, China und Indien, haben ihren Import um 39 Prozent (China) und 49 Prozent (Indien) gedrosselt. Donald Trump hat angekündigt, den iranischen Ölexport auf null zu setzen, das Land de facto ökonomisch zu strangulieren. Der IWF schätzt, dass das iranische BIP in Folge der US-Blockade 2019 um etwa 6 Prozent fällt. Die Haupt-Lebensmittelpreise sind in den letzten 12 Monaten zwischen 40 und 60 Prozent gestiegen.
Die ökonomische Strangulation wird durch eine militärische Drohkulisse ergänzt. Das Pentagon hat die Flugzeugträger-Kampfgruppe um den Träger „Abraham Lincoln“ in den Persischen Golf entsandt, dazu eine „Bomber Task Force“ aus atomar bewaffnungsfähigen B-52H-Bombern, eine seegestützte amphibische Plattform der San-Antonio-Klasse und eine Patriot-Raketenabwehr-Batterie. Weiterhin soll eine Invasionstruppe von 120000 Mann in die Region verlegt werden. Die mysteriöse Attacke auf vier Tanker im Persischen Golf zeigt, dass die Lage dramatisch ist. Ein Vorwand für einen militärischen Angriff wie beim „Tonkin-Zwischenfall“ 1964 vor der Küste Vietnams ist schnell konstruiert. Die bei einer militärischen Attacke zu befürchtende Blockade der Straße von Hormus, durch die etwa ein Drittel der globalen Öltransporte befördert werden, hätte gravierende ökonomische Folgen. Auch für Europa.
Europa, insbesondere seine Führungsmacht Deutschland, hat sich in Nibelungentreue vor dem Imperium in den Staub geworfen. „Maas droht Iran mit internationaler Isolierung“, titelt der „Spiegel“. Drohungen gegen Iran, der sich immer an JCPOA gehalten hat, das ist natürlich sehr viel bequemer, als tatsächlich der abenteuerlichen Erpressungs- und Kriegspolitik Washingtons entgegenzutreten. Dann müsste Maas nämlich aufhören, von nuklearer Abrüstung und Weltfrieden zu fabulieren und einfach sagen: „Büchel dichtmachen“.