Zu „Gegen Deindustrialisierung“, UZ vom 3. November

Falsche Forderung

Sebastian Bahlo, Frankfurt am Main

Die Frage nach der „richtigen“ Forderung ist oft schwierig, und Ulf Immelts Argumente sind bedenkenswert. Bei der Bewertung einer Forderung sind zwei Hauptkriterien zu prüfen: Ob die Umsetzung der Forderung fortschrittlich wäre und ob die Auseinandersetzung um die Forderung die Bewusstseinsentwicklung fördert. Der Autor stellt richtig fest, dass der Kampf gegen die Deindustrialisierung im Interesse der Arbeiterklasse ist. Man kann daraus ableiten, dass ein zeitweiliges Bündnis mit Teilen des Monopolkapitals legitim ist. (Ob die Solidarität dabei so einseitig sein muss, dass die Gewerkschaften eine Strompreisentlastung für das Kapital fordern, das Kapital aber nicht auch eine Strompreisentlastung für private Verbraucher, steht auf einem anderen Blatt.) Doch sind die hohen Strompreise durch politische Entscheidungen verursacht: Russlandsanktionen, die Weigerung, Nord Stream zu reparieren beziehungsweise den noch intakten Strang von Nord Stream 2 sowie die Druschba-Ölpipeline zu nutzen, und die Abschaltung aller Atomkraftwerke. Welche Forderung könnte daher „richtiger“ sein als die nach Aufhebung dieser desaströsen Politik? Die Forderung nach einem Industriestrompreis lenkt von einer notwendigen scharfen politischen Auseinandersetzung ab und befördert indirekt den Glauben an die Alternativlosigkeit der Ampelpolitik. Sie ist deshalb falsch.

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"Falsche Forderung", UZ vom 17. November 2023



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