Schreiben. Da fragte mich doch kürzlich ein Genosse und fleißiger Rehnagel-Leser, ob ich mir diese Kolumnen eigentlich zumindest zum Teil ausdenken würde oder ob mir der ganze Mist wirklich passiert. Einfache Antwort: Letzteres. Denn erstens fände ich es reichlich merkwürdig, einfach irgendetwas Erfundenes zum Besten zu geben (und wenn schon fabeln: warum könnte das dann nicht immer toll und prima sein, das Leben?). Und zweitens: Mir fehlt schlicht die Fantasie, ein fiktives, fremdes Dasein zu kolumnisieren. Nur das letzte Wort, das ist: falsch.
Fußball I. Eisern Union gegen Schalke 04, Zwoter gegen Letzter, das klang lustig. Mit Arbeitskollege D. live an die Glotze gehängt, was man so macht, wenn es samstags bei 7 Grad regnet und um 14.81 Uhr die Sonne untergeht. Nun, wir wären besser ins Freibad gegangen oder hätten die Biergartensaison in Unterbuxen eingeläutet. Was in Berlin als „Fußball“ angeboten wurde – von beiden Seiten –, hätte allen Beteiligen der Partie „FC Stirb langsam 2.0“ gegen „Sportfreunde Rustikale Leidenschaft“ in der queren Liga Bad Gottleuba-Berggießhübel die Schamesröte in die Waden getrieben. Ein Gegraupe der allerschlimmsten Sorte. Wie kann Union da oben stehen? Fühlt sich an wie: falsch.
Tod. Am Abend des 26. Januar brach im Treppenhaus eines vierstöckigen Mehrfamilienhauses in Pankow (Berlin) ein Feuer aus. Die sechsfache Mutter Yazi Almia aus Syrien starb. Polizei und Generalstaatsanwaltschaft tappen im Dunkeln, allerdings nicht im Braunen: Obwohl in Pankow immer wieder rechte Aktionen gemeldet werden und das Haus zum großen Teil von Flüchtlingen bewohnt wurde, „liegen bislang keine Anhaltspunkte für eine politische Tatmotivation vor“. Natürlich nicht, wer nichts finden will, braucht nur nichts zu suchen.
Umzug. Ein alter Kollege vom „Pläne Verlag“ zog um, und trotz meiner körperlichen Kachexie schrieb ich übereifrig: „Bin dabei!“. Nun hatte ich damit gerechnet, dass mich meine aktuelle Form aus dem Gröbsten raushält, aber weit gefehlt. Die anderen Ü50-Mithelfer glänzten mit „Rücken, Knie, Füße, Schulter, Nacken, Kreislauf“ sowie „50-prozentiger Blindheit“ bis hin zu „Ich kann gar nichts tragen, mein linker Arm ist taub“. Ein Erlebnis. Kein schönes.
Fußball II. Ansonsten ist die Liga ja interessanter als seit gefühlt 73 Jahren. Im ersten Drittel spielen auch andere Mannschaften mit als nur der ruhmreiche und immer tadelfreie FC Bayern München. Deren Trainer, ein von Ehrgeiz schier zerfressener 35-Jähriger, pöbelt folgerichtig dann auch von „weichgespültem Pack“. Wobei er mitnichten sein vor sich hin daddelndes Starensemble meint, sondern – oh Wunder – die Schiedsrichterentscheidungen. Toll. Während am Ende der Nahrungskette namens 1. Liga gleich vier blau-weiße Vereine stehen (Hoffenheim, Bochum, Hertha BSC und Schalke). Hat‘s wohl auch noch nie gegeben. Meiner bescheidenen Meinung nach dürften drei davon auch gleich absteigen – ihr ratet im Leben nicht, welche ich meine.
Getränke. Wem beim Gedanken an alkoholfreies Bier schon dezent kodderig wird, der sollte meinen Selbstversuch in Sachen zwischenzeitlichem Alkoholersatz besser nicht nachahmen: „Michael Schneider Chardonnay Alkoholfrei“. Schmeckt wie dünner Apfelsaft mit einer dezenten Note von kaltem Achselschweiß im Nachgang. Gruselig. Oder anders gesagt, ganz: …
Pace.