„Berliner Erklärung“: CDU-Hardliner überbieten sich mit reaktionären Ideen

Fahrplan in den Polizeistaat

Von Markus Bernhardt

Ende der vergangenen Woche verabschiedeten die Innenminister und Innensenatoren der CDU und CSU ihre sogenannte „Berliner Erklärung“ zu „Sicherheit und Zusammenhalt in Deutschland“ und stellten diese der Öffentlichkeit vor. Der besagte Forderungskatalog liest sich wie ein Fahrplan in den vollendeten Polizei- und Überwachungsstaat. Die Minister fordern, dass die sogenannten Verfassungsschutzämter künftig schon Kinder ab dem 14. Lebensjahr bespitzeln dürfen. Zudem wollen die Innenpolitiker in Bund und Ländern 15 000 zusätzliche Polizisten und in die Bewaffnung von Mitteldistanz und Langwaffen investieren und die Überwachung der Bevölkerung deutlich ausbauen.

Datenschützer, Bürgerrechtler und Linkspartei kritisierten die Pläne der Konservativen. Die „Berliner Erklärung“ zeige, dass eine seriöse Innen- und Sicherheitspolitik mit CDU und CSU nicht möglich ist, konstatierte etwa der Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Jan Korte. „Hinter einer Pseudo-Debatte um Teil- oder Vollverschleierung, die nichts mit Sicherheit, aber umso mehr mit rechtem Kulturkampf zu tun hat, soll die Überwachungsgesellschaft ausgebaut werden“, warf Korte den CDU/CSU-Politikern vor. Unter dem Strich betreibe die Union mit ihrem „Angstwahlkampf vor allem Wahlkampfhilfe für die AfD“ und vergifte das gesellschaftliche Klima weiter. „Alle Demokraten sind aufgefordert, jetzt Gesicht zu zeigen gegen Grundrechtseinschränkungen und für gleiche politische und soziale Rechte für alle Menschen“, forderte Korte. Vor allem kritisierte er die von den Unionspolitikern geforderte „massive Ausweitung von Video- und Internetüberwachung, die Totalausspähung in den sozialen Medien“ und den „Einsatz der Bundeswehr im Innern durch gemeinsame Übungen mit der Polizei“, der „schrittweise vorangetriebenen“ werde.

Auch Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, wies die Forderungen der Konservativen zurück. „Einerseits mehr Polizisten zu fordern, andererseits in eigener Verantwortung, wie auch in Sachsen seit Jahren Polizei abbauen – das ist heuchlerisch“, sagte er. Gebhardt warf den Christdemokraten außerdem vor, „mit einem planlosen Sammelsurium von Vorschlägen“ davon „abzulenken, dass sie kein wirkliches Konzept gegen Terrorgefahren und religiösen Extremismus haben“. Mit „unausgegorenen Entwürfen und undurchdachten Wortmeldungen“ würden sie vielmehr wochenlang die Bevölkerung verunsichern.

Auch in der CDU selbst stoßen die Forderungen der Hardliner auf Ablehnung. „Die großen Herausforderungen für die Sicherheitsbehörden zur Verhinderung terroristischer Angriffe sind unbestreitbar. Datenschutz und Sicherheit sind dabei aber zwei Seiten einer Medaille und sollten nicht gegeneinander in Stellung gebracht werden“, unterstrich die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff (CDU). „Wenn wir unsere Grundrechte, das heißt auch den Datenschutz, verfassungswidrig einschränken, verlieren wir das, was unsere Demokratie auszeichnet“, warnte die CDU-Politikerin. Schließlich hätten dann „die Feinde der Demokratie ihr Ziel erreicht“.

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"Fahrplan in den Polizeistaat", UZ vom 26. August 2016



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